Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
sichtliches und leidlich schnell orientierendes Bild der Roheisenproduktion der 
einzelnen Länder geben. Es handelt sich ja dabei um wenige Länder, was für eine 
klarere Darstellung nur willkommen geheißen wird. 
Ein anderes Moment, nämlich das qualitative, ist es, das auf Eisenerz- 
und verwandten Karten zu veranschaulichen noch nie versucht worden ist. Im 
vorliegenden Falle handelt es sich vor allem um die Wiedergabe des Eisengehaltes 
der einzelnen Erzlagerstätten. Zahlen dafür der Karte einzuschreiben würde wenig 
dazu dienen, ihre Anschaulichkeit und Brauchbarkeit zu erhöhen. Darum versuchte 
ich, die Prozentmengen, soweit sie für die gegenwärtige Eisenerzgewinnung über 
haupt eine Rolle spielen, durch wenige einfache und leicht übersehbare Signaturen 
zu ersetzen. Während es auf meiner Karte infolge des Maßstabes (1 : 90000000) 
unmöglich ist, die Verbreitung der Eisenerzlagerstätten bei den einzelnen Ländern 
nach der wirklichen Lage genau wiederzugeben — die Produktionsmengen ver 
zichten schon ihrem Wesen nach auf eine derartige Wiedergabe —, konnten indessen 
die Zeichen für den Eisengehalt genau in das Gebiet, soweit es der Kartenmaßstab 
erlaubte, gesetzt werden, wo die Eisenerzproben entnommen worden waren. Dabei 
waren auch mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden, denn allzu oft entstammen 
die Eisenerzproben Lagerstätten und Bergwerksunternehmungen, die wohl von berg 
technischer Seite aus ihren Namen empfangen haben, die aber in der geographischen 
Literatur, selbst in den besten Handatlanten und Spezialkarten, nicht aufzufinden 
sind. Ich hatte seinerzeit an meine Karte die Hoffnung geknüpft, daß sie als ein 
kartographischer Versuch zu ähnlichen Versuchen anreizen würde, damit sich die 
Meinungen über diese kartographische Veranschaulichung bzw. neue Verfahren klären 
und auch in dieser Beziehung ein Schritt zum Nutzen der geographischen Wissenschaft 
wie der Industrie vorwärts getan werden möge. Diese Hoffnung hat sich bis jetzt 
nicht erfüllt. Die schwere Zeit der Kriegs- und Friedens wirren trägt sicher daran 
Schuld, oder sollte die Zeit jetzt überhaupt noch nicht reif dazu sein? 
216. Die Industriekarte. Unter den Wirtschaftskarten ist die eigentliche 
Industriekarte eine der modernsten, und nicht selten ist sie eine von denen, die uns 
in ihrem supermodernen, batikprotzigen Kleid am wenigsten gefallen mag. Ihrem 
Wesen nach ist sie eine Art Produktionskarte, die sich aber von den im § 214 be 
handelten Produktionskarten insofern unterscheidet, als sie keine Naturprodukte 
sondern Kunstprodukte veranschaulicht, also Erzeugnisse, die durch maschinelle 
oder manuelle Umarbeitung der Rohprodukte entstehen und die das Rohprodukt 
so verändern, daß es sein ursprüngliches Aussehen teilweise oder vollständig verliert, 
dagegen vielfach ganz andere Eigenschaften gewinnt und den verschiedensten 
Zwecken zugeführt wird. 
Die Industriekarte gibt ebensogut wirtschaftliche Dinge wie wirtschaftliche 
Erscheinungen wieder, denen eine ursprüngliche, geographische Dinglichkeit er 
mangelt. Denn allgemein betrachtet ist es kein Naturzwang, daß gerade an diesem 
Orte und an keinem andern ein bestimmter Industrieartikel hergestellt wird. Wird 
allerdings tiefer geschürft, kommen auch geographische Gründe zum Vorschein, 
ganz abgesehen, von den Industrien die durchaus geographisch bedingt sind. Eine 
Jutespinnerei kann überall errichtet werden, wenn sie auch wegen des Transports 
aus Indien Orte der Wasserkante bevorzugt, dagegen kann die Herstellung von 
Schwemmsteinen nur da blühen, wo sich von Natur aus bedeutende Ablagerungen
	        
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