Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Wesen und Aufbau der Seekarte. 
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vorzugsweise an Flußmündungen begründet, die ständige Kontrolle erheischt und damit 
zusammenhängend öftere, unter Umständen jährliche und halbjährliche Herausgabe 
einzelner Seekarten (S. 86). Daneben gibt es Karten, die nach einer längern Zeitspanne 
erst verbesserungsbedürftig sind, besonders in tropischen und weniger befahrenen Ge 
bieten, aber nicht etwa nach einem Menschenalter oder gar nach längerer Zeit. 
Ohne die Küste ist die Seekarte nicht zu denken, ganz gleich, ob dieses Stück 
Land bis zu einem Hafengebiet auf der Seekarte zusammengeschrumpft ist, oder ob 
es ausgedehnt und zuletzt als Umrahmung der Seefläche erscheint. Erst die richtige 
Darstellung der Küste gewährleistet die Richtigkeit und Brauchbarkeit der Seekarte. 
Mithin hat nicht ohne Grund die Darstellung der Küste von allem Anfang an in der 
Entwicklung der Seekarte die erste Bolle gespielt. Trotzdem liegen den Küsten 
umrissen der ältesten Seekarten noch keine Aufnahmen zugrunde, selbst wenn sie 
uns mit einer verhältnismäßigen (oberflächlichen) Richtigkeit in der allgemeinen 
Linienführung überraschen, wie es die alten Rumbenkarten tun. Der Kompaß hatte 
zu jenen Zeiten nichts zur Küstenaufnahme beigetragen, welcher Ansicht auch 
E. v. Nordenskiöld und H. Wagner sind. Zur Küstenaufnahme dürfte er erst vom 
16. Jahrhundert ab benutzt worden sein. 1 Das Beobachten der Küstenformen 
mit und ohne Kompaß führte außer zur Darstellung des Küstenumrisses zur Zeichnung 
der Küstenbilder, die wir unter dem Namen „Vertoonungen“ kennen. Das Auf 
nahmeverfahren mittels Kompaß wurde langsam verbessert. Im 18. Jahrhundert 
beherrschte man es vollständig. Die verschiedensten Seebücher des In- und Aus 
landes jener Zeit geben Kunde davon. Unter ihnen sei nur L. H. Röhls Anleitung 
zur Steuermannskunst genannt, worin das Verfahren mit Figuren erläutert wird. 1 2 
Selbst heute dient es noch zu flüchtigen Küstenaufnahmen. 
Wie die Landesvermessungen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts 
mählich aus den Händen privater Unternehmer in die des Staates glitten, so auch 
die Küstenvermessungen und mit ihnen die Seekartenherstellung. Sie wurden mehr 
und mehr offizieller Natur. In Frankreich und England scheint man zuerst von 
Staats wegen an die Küstenvermessung herangegangen zu sein, nicht allein in den 
einheimischen, sondern auch in den fremden Gewässern, wie es beispielsweise die 
englische Karte des Mündungsgebiets des Tajo und des Hafens von Lissabon erkennen 
läßt, deren nautischer Teil auf den Aufnahmen von W. Chapman beruht. 3 Die 
Franzosen, die der deutschen Landesaufnahme im Anfang des 19. Jahrhunderts neue 
Impulse gaben, hatten sich ebenfalls von offizieller Seite aus mit der Aufnahme 
deutscher Hafengebiete beschäftigt, wovon die Karten von Beautemps-Beaupre 
ein beredtes Zeugnis geben. 4 Bis dahin waren diese Hafenaufnahmen privater Natur 
1 Vgl. Aug. Wolkenhauer: Beiträge zur Geschichte der Kartographie u. Nautik des 15. 
bis 17. Jahrh. Mitt. d. Geogr. Ges. in München. I. München 1905, S. 234. 
2 L. H. Röhl: Anleitung zur Steuermannskunst den Weg auf der See zu finden u. zu be 
richtigen. Greifswald 1778, S. 203—206. 
3 A topographical chart of the entrance of the river Tagus, describing the coast from Cape 
Roca to Sacarem, with the harbour and environs of Lisbon. — The nautical part is from a survey 
taken in 1806 by W. Chapman, Master of the Royal Navy; and approved by the chart committee 
of the Admiralty. London 1810. [Bi. der Geogr. Soc. in London.] 
4 Plan de la baie de Lübeck. Levé par Beautemps-Beaupré en 1811. Publié par ordre 
du Roi. Au Dépôt-général de la Marine, en 1815. — Plan de l’embouchure de l’Elbe. Levé par 
Beautemps-Beaupré en 1812, publié par ordre du Roi. Au Dépôt-général de la Marine, 1816. 
[Co.-Bi. in Hamburg.]
	        
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