Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Einzelne wichtigere Arten der Wirtschaftskarte. 
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eignen. Manche scheinen besonders dazu prädestiniert zu sein, vor allem, wenn sie 
sich auf Erzeugnisse des eigenen Bodens stützen und uns so möglich wird, sie als 
autochthon anzusehen. Hier meldet sich die Karte der Bierproduktion, wie sie zum 
ersten Male ausführlicher von Ferdinand Carl gezeichnet wurde. 1 Durch blaue 
und rote Farben in verschiedenen Schattierungen werden vierzehn Stufen unter 
schieden, je nachdem soundsoviele Liter Bier auf einen Kopf der Bevölkerung in 
den einzelnen Landstrichen Deutschlands entfallen. Unter A. L. Hickmanns geo 
graphisch-statistischen Karten begegnet man einer altern Darstellung der Bier- und 
Weinproduktion im Deutschen Keiche und in Österreich-Ungarn. 1 2 Die Karte befolgt 
eine andere Methode wie die von Carl; sie hält sich an zehn verschiedene Orts 
zeichen, in denen die Summe der Produktion von 10000 hl an veranschaulicht 
wird. Außerdem sind die einzelnen deutschen Provinzen mit politischem Kolorit 
unterschieden. Grün schattiert sind die Hopfenbau- und blau die Weinbaugegenden. 
Die Konstruktion beruht auf ungleichzeitige statistische Erhebungen, was im Inter 
esse eines einwandfreien Bildes nicht gutzuheißen, aber im Interesse der Veranschau 
lichung zu vermeiden oft nicht möglich ist. Aus gleichen Gründen wie die Bier 
produktion ist die Zuckerindustrie im Kartenbilde gepflegt worden. Auf der Karte 
der Zuckerfabriken Deutschlands von F. Geyer 3 sind die Städte und Gegenden 
mit Rohzuckerfabriken rot vermerkt, mit Raffinerien, Kandis- und Melisfabriken 
blau. Das Eisenbahnnetz darf nicht fehlen. Ganz dasselbe Prinzip der Darstellung 
verfolgt J. v. Wensierski auf seiner Karte der Zuckerfabriken und Raffinerien 
im deutschen Zollgebiete. 4 Ein neueres hervorragendes Kartenwerk, das der Welt 
rohrzuckerindustrie in der Vergangenheit und Gegenwart gilt, hat uns Geerligs 
beschert. 5 Wie man, von modernen Erwägungen geleitet, die kartographische Ver 
anschaulichung eines einzigen Industriezweiges anzupacken hat, zeigt Guido 
Assereto. 6 Auf Karten von Italien in 1 : 3000000 stellte er in gelben und rötlich 
braunen Tönen zunächst die Seidenzuchtgegenden und Kokonmärkte dar, sodann 
die Seidenindustrie, wobei auf eine mehr flächenhafte Darstellung hingearbeitet 
wird. Die Intensität der Farben und die verschiedene Größe der Ortszeichen 
und Ortsnamen veranschaulichten die Bedeutung der Industrie. Dieser geschickten 
Differenzierung wird auf einer Sonderkarte großem Maßstabes von Oberitalien 
besonders noch nachgegangen. 
Das in seiner Art vollkommenste und eigenartigste Kartenbild der Industrie, 
das in neuerer Zeit geschaffen wurde, entstammt wie so viele gute Wirtschaftskarten 
wiederum der russischen Erde. Es ist die Karte des Handels und der Industrie im 
europäischen Rußland von Benjamin v. Semenow-Tian-Schansky, die nach 
der Originalkarte in 1:1680000 unter der Leitung von P. Langhans auf den Maß 
1 Ferd. Carl: Bier-Product ionsk. v. Mittel-Europa. Nürnberg. Verlag der Allgem. Hopfen 
zeitung 1876. [K. Bi. Berlin.] 
2 A. L. Hickmanns geogr.-statist. Darstellgn. üb. d. Bier- u. Weinproduktion im Deutschen 
Reiche u. Österr.-Ungarn. Wien s. a. (etwa 1900). [K. Bi. Berlin.] 
3 F. Geyer: K. der Zuckerfabriken Deutschlands. Halle a. S. 1879. 2. Aufl. in Magdeburg. 
[Br. M. London.] 
4 J. v. Wensierski: K. der Zuckerfabriken usw. Magdeburg 1888. [Br. M. London.] 
5 H. C. Pr. Geerligs: The world’s cane sugar industry. Past and present. Mit 12 K. 
London 1912. 
6 Guido Assereto (Feltre) i. d. Documents cartographiques de Géogr. économique; hg. v. 
G. Michel u. Ch. Knapp. Bern 1913. Nr. 2, T. 5, 6 u. 7.
	        
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