Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
stab 1 : 7500000 reduziert in Petermanns Geographischen Mitteilungen veröffentlicht 
wurde. 1 Schlägt man die Karte auf, stutzt man unwillkürlich bei der ins Gesicht 
springenden Farbenpracht, die aber durchaus ästhetisch wirkt. Je länger man sich an 
das Kartenbild gewöhnt und in es vertieft, um so lebendiger wird das Farbenbild 
und eine Fülle von wirtschaftlichen Tatsachen strömt auf einen ein, die darzustellen 
bisher einer Karte nicht gelungen war. Mit neun Hauptfarben, deren jede wieder 
in drei Nuancen je nach dem Handels- und Gewerbeumsatz auf den Kopf der Be 
völkerung zerfällt, wird operiert. Die Hauptfarben gelten dem Handel mit Acker 
bauprodukten, der Bearbeitung der Nahrungsstoffe, dem Handel und der Bearbeitung 
der tierischen Produkte, der Holzprodukte und der Metallprodukte, dem Handel 
mit Manufaktur- (Textil-) Produkten, dem chemischen Gewerbe und dem gemischten 
Handel mit Haushaltwaren und Getränken. Jede dieser Gruppen wird nach ihrem 
Gewerbe- oder Handelstypus oder nach beiden charakterisiert. Damit nicht genug, 
werden in der großen buntflächigen Karte mit starken roten Linien 12 Handels 
und Gewerbegebiete herausgehoben, wobei es sich bequem abliest, ob sie zonal 
oder azonal sind. Die Handels- und Gewerbegebiete werden durch dünne rote Linien 
in Regionen und Subregionen zerlegt, deren man 75 im Kartenbilde zählt. Zur 
leichtern Orientierung sind die Gebiete mit römischen und die Regionen mit ara 
bischen Leitziffern versehen. Je nach dem jährlichen Handelsumsatz werden die 
Warenmärkte durch viererlei Signaturen gekennzeichnet. Die Karte genügt in der 
Tat weitgehendsten Anforderungen an eine Industriekarte. Nun müssen wir aller 
dings auch eingestehen, daß Rußland für die gewählte Darstellung einen günstigen 
Boden bildet, einmal mit seiner bedeutenden nordsüdlichen Erstreckung, was der 
zonenartig verteilten Wirtschaft zugute kommt, ein andermal mit seinen gewaltigen 
Tiefländern, die einer regionalen Ausbreitung von Gewerbezweigen, besonders solchen 
der Landwirtschaft und Viehzucht, den Weg ebnen. Kaum ein Bild könnte besser 
zeigen, wie Handel und Industrie von der Natur des Bodens abhängig sind. In 
dem ganzen Verfahren bekundet sich ein brauchbarer Kern und zu wünschen wäre, 
daß es für andere Länder probiert würde. Dann dürfte man vielleicht zu einer 
Methode und zu einer iVrt Einheitskarte gelangen, die allen Ländern halbwegs 
gerecht würde. In der russischen Karte erblick ich einen verheißungsvollen Anfang. 
Ältere wie neuere Darstellungen 1 2 lassen sich nicht mit ihr vergleichen. Sie ist ein 
Unikum. Auch die schöne Karte der Manufactores, die an erster Stelle der Commercial 
and industrial maps in dem Survey atlas of England and Wales, herausgegeben durch 
J. G. Bartholomew, Edinburg 1903, steht, kann sich nicht mit der des Russen 
messen. Auf ihr werden die hauptsächlichsten Industriegebiete mit heller bräunlich- 
grüner Farbe in Flächendeckung wiedergegeben. Sodann sind besondere Zeichen 
gewählt worden, um die einzelnen Industriezweige zu veranschaulichen, so blaue 
Zeichen für die Webindustrie und Lederwaren, rote Zeichen für Metall-, Maschinen 
industrie und Schiffsbau, grüne Zeichen für Brauereien und Brennereien, Töpfer 
waren, Chemikalien und Papiermühlen. Die Häfen sind durch besonders starke 
blaue Pfeile ausgezeichnet. 
Die Industriekarte wird den mannigfachsten Zwecken dienstbar gemacht, je 
nachdem ich bei ihrer Konstruktion das Augenmerk auf das Objekt oder auf wirt 
1 Benjamin v. Semenow-Tian-Schansky i. P. M. 1913, II, T. 36. 
2 Unter den altern Darstellungen denke ich z. B. an H. Wartmann: Atlas üb. rl. Entwicklung 
der Industrie u. Handel der Schweiz. Winterthur 1873.
	        
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