Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

584 
Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
gibt ein glänzendes Beispiel für vorstehende Erwägungen, die vor allem auch die 
Grundlage für W. Dau bildeten, der die Bevölkerungsteile Deutschlands in Berg 
bau-, Hütten-, Salinenwesen und Torfgräberei, ferner in der chemischen Industrie 
untersuchte und seinen Ergebnissen einen anschaulichen Ausdruck in Karten der 
Berufsdichte verliehen hatte. 1 Indem die Anzahl der Personen des Berg- und 
Hüttenbaus sowohl wie die der chemischen Industrie auf je 100 qkm festgestellt 
werden, gelangt Dau zu neun bzw. sieben wichtigen Dichtegruppen. Ihrem Wesen 
nach sind die Karten sowohl bevölkerungsgeographische wie wirtschaftsgeographische. 
Zu rein wirtschaftsgeographischen würden sie geworden sein, wenn sie mit Hilfe 
der Zahlen der Gewerbestatistik eine erschöpfende Darstellung des Bergbaus und 
der chemischen Industrie wie der Gesamtheit der montanistischen und chemischen 
Betriebe durch die in diesen tätige Bevölkerung hätten geben können. Schade, daß 
seinerzeit diese Karten, die unter meiner Ägide entstanden, in Rücksicht auf die 
Herstellurfgskosten nicht fortgeführt und publiziert werden konnten. Sie wären 
zweifellos ein wichtiges kultur- und wirtschaftsgeographisches Anschauungs- und 
Vergleichsmaterial geworden. Vorzugsweise ist ihnen das eigen, was H. Losch die 
sachliche und die geographische Ausgliederung der statistischen Tabellen genannt 
hat. 1 2 Zu diesem Ausspruch bzw. Ergebnis kam er bei der eingehenden Analyse 
derjenigen Bände der Statistik des Deutschen Reiches, Neue Folge (111, 112 
und 119), die die Ergebnisse der Berufs- und Betriebszählung vom 14. Juni 1895 
verwerten. 
Um den Unterschied zwischen statistischer und geographischer Methode im 
vorliegenden Falle zu erfassen, braucht man nur die vierzehn Karten in 1:3000000 
des Bandes 119, die dem ,,Gewerbe und Handel im Deutschen Reiche“ gewidmet 
sind, mit den Karten von Dau, die in dem wenig kleinern Maßstab 1 : 8700000 
entworfen sind, vergleichen. Zugleich wird man darüber belehrt werden, was jeder 
der beiden Methoden zu leisten vermag. In sieben Stufen wird auf jeder der ersten 
dreizehn Karten gemäß administrativer Einteilung festgestellt, wie viele während 
des Jahres 1895 tätige Personen auf je 10000 Einwohner entfallen. Auf der vier 
zehnten Karte werden die gewerbetätigen Personen der industriellen Großbetriebe 
(mit mehr als 100 Personen) nach dem Prozent Verhältnis gleichfalls in sieben Stufen 
dargestellt. Die Karten sind sauber durch- und ausgeführt. Bei Lichte besehen 
sind es nur Kartogramme, die aber recht wohl die langsame und meist langweilige 
Tabellenlektüre zu ersetzen geeignet sind. Mit der Verkürzung des Auffassungs 
prozesses ist ihre Bestimmung erfüllt, bei der weitern und intimem Einzelvergleichung 
geht ihnen der Atem aus. „Schließlich werden wir trotz der weisen und reichen 
Abwechslung in den Farben etwas abgestumpft; die Vergleichung hält nur von Bild 
zu Bild vor, die Bilder immer wieder derselben Umrisse fließen ineinander über, 
und wir verlieren die Einheit. Disjecta membra füllen unser Hirn, das einigende 
Band ist verloren, das Wirkliche ist zerstückt, in seine Bestandteile aufgelöst; diese 
sind in Fesseln geschlagen, unbeweglich starren sie uns an und harren desjenigen, 
der sie wieder zum organischen Leben zurück einreiht und so entzaubert.“ 3 
1 W. Dau i. P. M. 1906, T. 14. Berufsdichte in der chemischen Industrie. Die K. der Dichte 
der Berufsgruppe: Bergbau, Hütten- u. Salinen wesen, Torfgräberei i. Daus Diss. in Kiel 1906: Eine 
Untersuchung zur Berufsdichte im Deutschen Reich. 
2 H. Losch, a. a. O., S. 430. 
3 H. Losch, a. a. O., S. 429.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.