Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

586 
Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
ist auf dem besten Wege, etwas mehr als bloße allgemeine Orientierungstafel zu 
sein. Allen Anzeigen nach scheint die elektrische Industrie mustergültig vorzugehen. 
Nimmt man eine Karte wie die ,,'Verbindungsleitungen der schweizerischen Elektrizitäts 
werke nach dem Stande vom Jahre 1920“ zur Hand 1 , wird man überrascht sein, 
wie sich in ihr das physikalische Bild der Schweiz widerspiegelt, ohne eine direkte 
Andeutung des Terrains selbst zu geben. Viele Lücken im obern Rhone-, Aare-, 
Reuß-, Ticinotal usw. erklären sich ohne weiteres von selbst. Daneben zeigen sich 
viele Lücken, die zu beseitigen die künftige Aufgabe der Elektrisierung der Schweiz 
ist. Hätten wir eine Karte von den gesamten Überlandzentralen Deutschlands und 
ihrer Reichweitgebiete, würde sicher eine ganze Reihe auffälliger Lücken sichtbar 
werden, die der deutschen Industrie Fingerzeige geben könnte, wo elektrische 
Leitungen noch hinzuführen und auszubauen sind. — Während des Krieges entwarf 
ich ähnliche Karten für die Front, die außerdem die Verteilung einer Menge anderer 
wirtschaftlichen Einrichtungen im Front- und Etappengebiet zeigten. Die sich dabei 
offenbarenden Lücken gaben den Heerführern einen Hinweis, dafür zu sorgen, daß 
eine gleichmäßigere Verteilung der elektrischen und wirtschaftlichen Anlagen in 
ihrem Armeebereiche angebahnt und bewerkstelligt wurde (s. § 319). 
Mit der Elektrisierung des Landes hängt eng die Ausnutzung der Wasserkräfte 
zusammen. Auch da haben wir recht hübsche Anfänge in dem Sinne, was eine 
Industriekarte fordern kann und fordern muß. Von der Landesanstalt für Gewässer 
kunde in Berlin ist 1914 eine Karte der Wasserkräfte des Berg- und Hügellandes 
in Preußen und benachbarten Staatsgebieten in 1:500000, zunächst das Gebiet 
östlich der Elbe, herausgegeben worden. Die den Wasserlauf begleitenden farbigen 
Bänder drücken die auf 1 km Flußlänge vorhandenen natürlichen Wasserkräfte in 
Pferdestärken aus (nach dem Maßstab 1 m = 50 PS). Die Breite des blaßblauen 
Bandes, zwischen den beiden Außenbändern gemessen, bezeichnet die im viel 
jährigen Durchschnitt gewonnenen vorhandenen Kräfte, die Breite des dunkelblauen 
Bandes dagegen den Betrag, unter den die vorhandene Kraft nicht länger als drei 
Monate im Jahre zu sinken pflegt. Mit solchen Karten kann die Praxis in der Tat 
etwas anfangen 1 2 , die aber noch weit eingehendere Studien und Karten verlangt, 
sobald es sich z. B. um die Anlage von Staubecken handelt. O. Intze ist bahn 
brechend mit seinen Talsperrenanlagen in Deutschland geworden; in seinem Sinne 
arbeitet N. Holz weiter. Von beiden besitzen wir Karten, die die hydrographischen 
Verhältnisse deutscher und außerdeutscher Gebiete unter dem Gesichtswinkel der 
Nutzbarmachung darstellen und dadurch die Talsperrenanlagen vorbereiteten. 3 Auch 
die Gefällsverhältnisse wollen dabei berücksichtigt sein. Für Skandinavien stellte 
1 Verbindungsleitungen der schweizerischen Elektrizitätswerke, Stand Ende 1920. 
1: 200000. Beil, zum „Führer durch d. schweizerische Wasserwirtschaft“, hg. vom Schweizer. Wasser 
wirtschaftsverband, Zürich. 
2 Zu einer ganz allgemeinen Orientierung im obigen Sinne dient z. B. für Sachsen die bereits 
oben S. 240 erwähnte K. von O. Winkel. 
3 O. Intze u. N. Holz: Übersichtsk. des Niederschlaggebietes von Bober u. Queis. Dar 
stellung der Summe der Schäden, die das Hochwasser von 1897 auf seinem Wege im Bober- u. Queis- 
Gebiet veranlaßte, nebst Angabe der vorteilhaften Staubecken zur Zurückhaltung des Hochwassers. 
Aachen 1897. — O. Intze: Üb. d. Anlage von Talsperren im Quellgebiet der Görlitzer Neiße bei 
Reichenberg in Böhmen. Aachen 1901. — Vgl. dazu H. Franz: Die Anlage von Talsperren im 
Quellgebiet der Görlitzer Neiße in Reichenberg in Böhmen. Wien 1902. — In Christiania sind ver 
schiedene Karten von Stauvorrichtungen herausgegeben worden, so von L. Eger 1898.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.