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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
ist auf dem besten Wege, etwas mehr als bloße allgemeine Orientierungstafel zu
sein. Allen Anzeigen nach scheint die elektrische Industrie mustergültig vorzugehen.
Nimmt man eine Karte wie die ,,'Verbindungsleitungen der schweizerischen Elektrizitäts
werke nach dem Stande vom Jahre 1920“ zur Hand 1 , wird man überrascht sein,
wie sich in ihr das physikalische Bild der Schweiz widerspiegelt, ohne eine direkte
Andeutung des Terrains selbst zu geben. Viele Lücken im obern Rhone-, Aare-,
Reuß-, Ticinotal usw. erklären sich ohne weiteres von selbst. Daneben zeigen sich
viele Lücken, die zu beseitigen die künftige Aufgabe der Elektrisierung der Schweiz
ist. Hätten wir eine Karte von den gesamten Überlandzentralen Deutschlands und
ihrer Reichweitgebiete, würde sicher eine ganze Reihe auffälliger Lücken sichtbar
werden, die der deutschen Industrie Fingerzeige geben könnte, wo elektrische
Leitungen noch hinzuführen und auszubauen sind. — Während des Krieges entwarf
ich ähnliche Karten für die Front, die außerdem die Verteilung einer Menge anderer
wirtschaftlichen Einrichtungen im Front- und Etappengebiet zeigten. Die sich dabei
offenbarenden Lücken gaben den Heerführern einen Hinweis, dafür zu sorgen, daß
eine gleichmäßigere Verteilung der elektrischen und wirtschaftlichen Anlagen in
ihrem Armeebereiche angebahnt und bewerkstelligt wurde (s. § 319).
Mit der Elektrisierung des Landes hängt eng die Ausnutzung der Wasserkräfte
zusammen. Auch da haben wir recht hübsche Anfänge in dem Sinne, was eine
Industriekarte fordern kann und fordern muß. Von der Landesanstalt für Gewässer
kunde in Berlin ist 1914 eine Karte der Wasserkräfte des Berg- und Hügellandes
in Preußen und benachbarten Staatsgebieten in 1:500000, zunächst das Gebiet
östlich der Elbe, herausgegeben worden. Die den Wasserlauf begleitenden farbigen
Bänder drücken die auf 1 km Flußlänge vorhandenen natürlichen Wasserkräfte in
Pferdestärken aus (nach dem Maßstab 1 m = 50 PS). Die Breite des blaßblauen
Bandes, zwischen den beiden Außenbändern gemessen, bezeichnet die im viel
jährigen Durchschnitt gewonnenen vorhandenen Kräfte, die Breite des dunkelblauen
Bandes dagegen den Betrag, unter den die vorhandene Kraft nicht länger als drei
Monate im Jahre zu sinken pflegt. Mit solchen Karten kann die Praxis in der Tat
etwas anfangen 1 2 , die aber noch weit eingehendere Studien und Karten verlangt,
sobald es sich z. B. um die Anlage von Staubecken handelt. O. Intze ist bahn
brechend mit seinen Talsperrenanlagen in Deutschland geworden; in seinem Sinne
arbeitet N. Holz weiter. Von beiden besitzen wir Karten, die die hydrographischen
Verhältnisse deutscher und außerdeutscher Gebiete unter dem Gesichtswinkel der
Nutzbarmachung darstellen und dadurch die Talsperrenanlagen vorbereiteten. 3 Auch
die Gefällsverhältnisse wollen dabei berücksichtigt sein. Für Skandinavien stellte
1 Verbindungsleitungen der schweizerischen Elektrizitätswerke, Stand Ende 1920.
1: 200000. Beil, zum „Führer durch d. schweizerische Wasserwirtschaft“, hg. vom Schweizer. Wasser
wirtschaftsverband, Zürich.
2 Zu einer ganz allgemeinen Orientierung im obigen Sinne dient z. B. für Sachsen die bereits
oben S. 240 erwähnte K. von O. Winkel.
3 O. Intze u. N. Holz: Übersichtsk. des Niederschlaggebietes von Bober u. Queis. Dar
stellung der Summe der Schäden, die das Hochwasser von 1897 auf seinem Wege im Bober- u. Queis-
Gebiet veranlaßte, nebst Angabe der vorteilhaften Staubecken zur Zurückhaltung des Hochwassers.
Aachen 1897. — O. Intze: Üb. d. Anlage von Talsperren im Quellgebiet der Görlitzer Neiße bei
Reichenberg in Böhmen. Aachen 1901. — Vgl. dazu H. Franz: Die Anlage von Talsperren im
Quellgebiet der Görlitzer Neiße in Reichenberg in Böhmen. Wien 1902. — In Christiania sind ver
schiedene Karten von Stauvorrichtungen herausgegeben worden, so von L. Eger 1898.