Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarte. 
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karte aufzufassen, oder wie C. Ritter sagt: „Wegekarten sind überhaupt die Anfänge 
der Länder karte bei alten Völkern. So die Stationen der Kinder Israel bei ihrem Aus 
zug aus Ägypten nach Canaan durch die Wüste Sinai. Solche Marschrouten scheinen 
auch die der Kolchier gewesen zu sein. Auch die ältesten persischen Karten waren 
Wegekarten.“ 1 Die Etappen- oder Königstraßen unter Darius Hystaspis und Xerxes 
waren kartographisch festgelegt. Auf der ehernen Tafel des Aristagoras waren solche 
„Königswege“, die von einer Eesidenz zur andern zogen, eingetragen. 1 2 Die Messungen 
waren nach Parasangen gemacht 3 deren eine gleich 30 olympischen Stadien oder 
3 / 4 geographischer Meile oder 5,25 km war. Vor jenen Zeiten ließ nach Eustathios 
bereits König Sesostris (Eamses II) Beisekarten zeichnen, auf denen neben der Ver 
teilung von Wasser und Land insonderheit die Wege und Straßen verzeichnet waren. 
Entfernungsangaben finden sich auf einer Keilschrifttafel mit einer babylonischen 
Erdkarte, die etwa um die Mitte des 7. vorchristlichen Jahrhunderts hergestellt worden 
ist, 4 ungefähr zu den Zeiten des Königs Assurbanipals von Assyrien, des Sardanapals 
der Griechen, dessen Regierung von 669 bis 625 währte. 
Stadtpläne und verwandte Gebilde konnten selbst im Altertum ohne Wege 
zeichnung nicht auskommen. Der unter Eamses II. auf Papyrus entworfene Situations 
plan der nubischen Goldbergwerke geht umfänglich über einen gewöhnlichen Stadt 
plan hinaus. 5 Er gibt eine leidlich klare Vorstellung von den Wegen, die die einzelnen 
Goldminen miteinander verbinden. Auf altägyptische Gartenanlagen mit Wegen 
weist J. G. Wilkinson hin und gibt entsprechende Abbildungen. 6 Vollkommener 
und bestimmter ist die Wegezeichnung bei den römischen Agrimensoren; ihre 
Karten und Pläne im Liber diazographus umfassen nur kleine Flächen und gehen 
kaum über den Umfang eines erweiterten Ortsplanes, einer Flurkarte, hinaus. Obwohl 
auf diesen Plänen schon Hauptwege durch Doppellinien und Nebenwege durch ein 
fache Linien unterschieden werden, bleibt doch die ganze Darstellung primitiv und 
ist von keinem Einfluß auf eine Wegekarte großem Umfangs geworden. 
Die alten Wegekarten dienten großenteils Kriegszwecken. Zudem gab es einige, 
die den Kaufleuten ein unentbehrliches Orientierungsmittel waren. Außer verschiedenen 
chinesischen und japanischen Karten gehören hierher eine Anzahl altmexikanischer 
Karten. 7 Nach den neuen Reiseannalen 8 berichtet R. Andree, daß bevor Cortez nach 
Honduras aufbrach, er von Kaufleuten von Xicalanco eine Karte erhalten habe, die 
mit sehr großer Genauigkeit die Reisewege zeigte, die die Händler auf ihren Karawanen 
beschriften, und die Städte, deren Märkte sie besuchten. Einige der aztekischen Land 
karten sind wohlbehalten bis auf unsere Tage gekommen. 
1 C. Ritter: Geschichte der Erdk. u. der Entdeckungen. 2. Aufl. Berlin 1880, S. 61. 
2 Herodot VIII, 98; auch V, 49—53 berichtet von dem ôôog ßaadixr/ und den aindfioi 
ßntadrjioi. 
3 Die Parasange = ein Wegemaß des Altertums von verschiedener Länge. 
4 P. Haupt: Wo lag das Paradies ? Aus „Über Land u. Meer“. Deutsche Illustrierte Zeitung, 
1894/95, Nr. 15. Die Backsteinkarte ist daselbst auch abgebildet. Das Original befindet sich im 
Britischen Museum. 
5 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S. 401, 402; ferner Bild 2. — Vgl. die daselbst an 
gegebene Literatur, sowie auch die wichtige Zusammenstellung von Aug. Wolkenhauer: Hist. 
Überblick üb. d. Itinerarliteratur, Hansische Geschichtsblätter, XXXV, 1908, S. 152ff. 
6 J. G. Wilkinson: Manners and curtoms of the ancient Egyptians. London 1837, S. 143. 
7 R. Andree: Ethnographische Parallelen u. Vergleiche. Stuttgart 1878, S. 202. 
8 Nouv. annales des voy., II, 1858, S. 309.
	        
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