Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
Auch die kartographischen Erzeugnisse der auf niedriger Kulturstufe stehenden 
Völker, wie der Eskimos, Indianer, Neger und Polynesier sind in der Hauptsache nur 
Wegekarten. 
221. Die bewußte Darstellung von Wegen und Entfernungen im Mittelalter (und 
im Altertum). Die Entfernungen der Orte nach Schätzungen und Meilen anzugeben, 
finden wir auf keiner Karte des Altertums, soweit wir dies auf Mittelmeer- und benach 
barte Länder beschränken. Dagegen war es eine Hauptsache bei den ältesten Karten, 
die in China in Erz und Stein eingegraben worden sind. 1 Die Buddhakultur, wohin 
sie drang, führte auch die Karte mit sich. So finden wir in Japan schon aus dem 6. Jahr 
hundert Spezialkarten, auf denen Land- und Seewege und auf den Landstraßen die 
Meilenzeiger in genauem Abstand sorgfältig verzeichnet wurden. 1 2 
Die Römer lernten den Orbis terrarum durch Eroberungen kennen und ver 
wandelten ihn, soweit sie konnten, in einen Orbis Romanus. Ihre Landkarten waren 
nichts anderes als „Marschrouten ihrer Legionen“. Das ist die Ansicht C. Ritters 
über die Wegekarten der alten Römer. Als Handelsstraßen dienten den Römern 
Militärstraßen und eine Anzahl alter Saumwege, die weit nach Norden reichten und 
durch Feindesland gingen. 3 
Nur mit dem unglaublich großartigen Straßennetz, das rund 100000 Meilen 
Kunststraßen umfaßte 4 , war es den Römern möglich, ihr ausgedehntes Reich zu be 
herrschen. Vielfach waren die Straßen mit Meilensteinen ausgestattet. Das sind meist 
runde Steinsäulen von 40—56 cm Durchmesser und 1 1 / 2 —2 1 / 2 m Höhe. Der ansehnliche 
Verkehr, der sich auf den Straßen entwickelte, empfing seinen Pulsschlag aus Rom. 
Hierselbst bestanden zur Kaiserzeit offizielle und private Reiseauskunftstellen, wo 
man über beabsichtigte Reisen offiziell oder gegen Bezahlung beraten wurde und sich 
mit dem notwendigen Itinerar ausrüstete, in spätem Zeiten auch mit Wegekarten, 
die offenbar als Niederschlag aus den Itinerarien entstanden sind und nicht umgekehrt, 
wie Th. Mommsen u. a. annehmen. 
Die Itineraria oder Reisebücher waren bei den Römern doppelter Natur. 
Die Itineraria adnotata (oder scripta) und Itineraria picta. Die erstem sind 
Reiserouten nach Art unserer ältern Postbücher und jetzigen Kursbücher, die die 
Namen und Entfernungen der verschiedenen Orte, die man begehen mußte, ohne 
weitere Bemerkungen enthielten. Unter diesen Wegverzeichnissen ragt das Intinerarium 
Antonii aus der Zeit Diokletians hervor. Für uns kommt hier die andere Art der Itinerare 
in Betracht. Unter ihnen ragt die Peutingersche Tafel hervor. 
1 Zur Kartographie des chinesischen Reiches. Ausland 1859, S. 334. — F. v. Richthofen: 
China, I, 1877, S. 368. 
2 Ph. Fr. v. Siebold: Nippon, Archiv f. Beschreibung Japans. 2. Aufl. 1897, I, S. 142ff. 
3 J. Näher: Die römisch. Militärstraßen u. Handelswege in Südwest-Deutschl., in Elsaß- 
Lothringen u. i. der Schweiz. Straßburg 1887. 2. Aufl. 1888. 
4 Nebenbei bemerkt, waren die römischen Militärstraßen, um sie handelt es sich hier, nicht 
durchgängig aus Stein gebaut, gepflastert, es gab auch viele Kiesstraßen. Wenn J. Schneider 
(Die alten Heer- u. Handelswege der Germanen, Römer u. Franken im Deutschen Reiche. 6 Hefte. 
Düsseldorf 1883 — 1888) sagt, daß die wirkliche Breite der Militärstraßen nicht mehr als 4,4 m betrug, 
so mag dies nur beschränkt gelten; denn wir wissen, daß die via publica 10—120 Fuß breit sein konnte, 
je nach den Bedürfnissen des Staates. Die via munita, die sich später entwickelte und dem Last 
fuhrwerk diente, erforderte festen Untergrund; ihre Breite schwankte zwischen 3,5—4 m, auf ihr 
mußten sich zwei Fuhrwerke ausweichen können.
	        
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