Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Die geschichtliche Entwicklung der Yerkehrskarte. 
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ist ein geistreiches und praktisch von unschätzbarem Werte, einzig in seiner Art, ohne 
Vorbild und ohne Nachfolger, und wird angestaunt und bewundert werden zu allen 
Zeiten.“ 1 
Der Typus der römischen Eeisekarte kehrt verwässert wieder in einer Wegekarte 
des heiligen Landes um 1200, deren Original sich in London befindet. 1 2 Auf ihr sind 
die Orte durch große Ringe wiedergegeben, in die hinein die Ortsnamen geschrieben 
sind. Wegebänder verbinden die Wohnplätze. Wegebänder in gerader und ge 
schwungener Form durchziehen Jerusalem und nahe Umgebung auf der Karte 
von M. Sanudo (P. Vesconte) aus dem Jahre 1320. Der englische Geschichtsschreiber 
Matthäus Paris (g«st. um 1259) hat uns verschiedene Karten hinterlassen, deren eine, 
die Karte von England, als erste Spezialkarte eines europäischen Landes, die unabhängig 
von Ptolemäus entstanden ist, bezeichnet wird. Uns interessiert hier mehr sein Itinerar 
von London nach Apulien, auf dem die Orte, die in vertikaler Ansicht gegeben sind, 
ähnlich unsern heutigen Itineraren durch gerade Wegstrecken in Bandform miteinander 
verbunden sind. 3 Jomard 4 und Miller 5 haben die Karten nachgebildet, Bruchstücke 
daraus bringen Lelewel 6 und Oberhummer. 7 Sind die letztgenannten Kartenbilder 
im allgemeinen kartographisch besser als die Peutingersche Tafel ausgeführt, erreichen 
sie, weil ihnen die Entfernungsangaben fehlen, diese nicht an praktischem Wert. 
Mit vorstehender kleiner Kartenlese ist der Vorrat an mittelalterlichen Straßen 
karten erschöpft. Die Mönchskarten ließen derartige Spezialkarten und -Zeichnungen 
schwer aufkommen, denn die religiösen Tendenzen jener Zeit erfüllten die Karten 
mit anderm Inhalt, auch gewährte die Rundform der Karten (Radkarten) für ein 
gehendere Darstellung geographischer bzw. wirtschafts- und verkehrsgeographischer 
Objekte keinen Raum. 
222. Die Wegekarten nach Etzlaubschem Typus im lfi. Jahrhundert. Das Bild, 
das uns das Mittelalter bezüglich der Reise- und Wegekarten entrollt, ist im großen 
und ganzen recht ärmlich. Erst im 15. Jahrhundert würde ein entschiedener Schritt 
zum Bessern getan. Wie die Renaissance für die Wissenschaft im allgemeinen eine 
Wiedergeburt war, so im besondern auch, wie wir wissen, für die Kartographie. Die 
„moderne Karte“ erschien auf dem Plan; modern sowohl nach den Anforderungen, 
die wir an die Karten zu stellen gewohnt sind (natürlich für jene Zeit entsprechend 
zurückgestimmt), wie nach der gleichzeitigen Einteilung in tabula moderna oder nova 
gegenüber den 27 ältern Ptolemäuskarten, mit denen uns die Renaissance auch wieder 
bekannt gemacht hatte. Die ältern Ptolemäuskarten vereint mit den neuen Karten 
1 K. Miller, a. a. O., S. XLI. 
2 R. Röhricht: Karten u. Pläne z. Palästinakunde aus d. 7. —16. Jahrh. Z. d. Deutsch. 
Palästina-Vereins. 1891, 1892. Mit Tafeln. 
3 In der Nation. Bibi, zu Paris ist das Faksimile, das ich einsah, überschrieben: Itinéraire de 
Londres à Jérusalem par Matthieu Paris. 1250. 
4 E. Fr. Jomard: Les monuments de la géographie, ou recueil d’anciennes cartes. Paris 
1842 — 1862. — Darinnen die unter vorhergehender Anm. genannte Karte als Carte itinéraire d’un 
pèlerinage de Londres à Jérusalem. 
5 K. Miller: Die ältesten Weltkarten. III. Heft: Die kleinern Weltkarten. Stuttgart 1895, 
S. 84-90. 
6 Joach. Lelewel: Géographie du moyen-âge. Brüssel 1852—1857. Atlas 1850, T. 24. 
7 Eug. Oberhummer: Der Stadtplan, seine Entwicklg. u. seine Bedeutung. Verh. d. 
XVI. Deutsch. Geographentages. Berlin 1907. S. 84, 85.
	        
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