Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarle. 
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Etzlaubs Komweg-Karte von 1492 ist die erste allgemeine Verkehrskarte, 
die wir kennen; auf ihr ist die Wegsignatur zugleich Entfernungsmesser. Der mittlere 
Maßstab der Karte ist 1:5800000. Wichtiger noch als diese Karte ist die folgende, 
die die Überschrift trägt: ,,Das sein dy lantstrassen durch das Komisch reych von 
einem Kunigreych zu dem andern dy an Tewtsche land stossen von meilen zw meilen 
mit puncten verzeichnet.“ Unten steht: „Getruckt von Georg glogkendon zw Nürn- 
bergk 1501.“ In den handschriftlich hinterlassenen Nachrichten von Joh. Neudörffer 
heißt es über die zeitgenössischen Nürnberger Handwerker, daß Etzlaub die Landtafeln 
macht und Glockendon sie druckt. Die Karte von 1501 ist ausführlicher und besser 
als die von 1492 ausgeführt, zudem in größerm Maßstabe, etwa 1:4100000. Sie wurde 
für die deutsche Kartographie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von großem 
Einfluß, beherrscht sie doch mehr als der Cusanische Typus die Zeichnung der Deutsch 
landkarten. Infolge dieses Einflusses reden wir mit Aug. Wolkenhauer von einem 
Etzlaubschen Typus der Deutschlandkarten. 
Vorzugsweise hat der Etzlaubtypus die Karten von M. Waldseemüller beherrscht. 
Das spricht sich nicht bloß in den Deutschlandkarten aus, die den Straßburger Ptole- 
mäusausgaben beigegeben sind, sondern vorzüglich auch in der ,,Carta Itineraria 
Europae“ aus dem Jahre 1511, die als der früheste gedruckte Versuch einer Wand 
karte von Europa gilt. Der Deutschland darstellende Teil der Karte ist durch Waldsee- 
müller vollständig übernommen worden, desgleichen die Straßen, die nur um wenige 
vermehrt sind, und damit zugleich das ganze System der Entfernungsbezeichnung. 
Diese historisch-wichtige Tatsache scheint Schönholtz ganz entgangen zu sein, sonst 
hätte er nicht können so emphatisch schreiben: „Waldseemüller hat sich durch die 
Carta Itineraria Europae ein erhabenes Denkmal seiner Größe gesetzt.“ 1 Das Beste 
auf der Karte entstammt der Karte von Etzlaub und deren Anregung. 1 2 Bei der zag 
haften Vermehrung des Straßennetzes in Gebieten, die sich bei Etzlaub nicht mehr 
verzeichnet finden, gerät Waldseemüller in Schwierigkeiten, die er selbst anerkennt in 
der „Underweisung, wie die abgerissene und verzeichnete Carta Itineraria Europae, 
oder Land-Carten gebraucht und verstanden sol werden“ (gedruckt in Straßburg 
bei Grüninger 1511), worin es heißt, daß die Entfernungen für Deutschland, Frankreich 
und Italien exakt seien (sic Etzlaub!), angenähert aber nur für die Walachei, Ungarn, 
Polen, Esclavonien (Slawonien) und Spanien. Waldseemüller würde Etzlaub offenbar 
genannt haben, wenn dessen Name unter den Karten gestanden hätte. Den Etzlaub 
schen Typus, allerdings mit Vernachlässigung der Straßen, finden wir fernerhin bei 
den Deutschlandkarten von Seb. Münster. 
Von Wegekarten bietet das 16. Jahrhundert nichts Bemerkenswertes mehr. 
Mercator hat den Straßen keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In einigen 
Spezialkarten, wie auf Nürnberger Waldkarten 3 oder im Itinerarium orbis christiani 4 , 
1 W. L. v. Schönholtz, a. a. O., S. 28. 
2 Wenn Schönholtz die leicht zugänglichen Arbeiten von Aug. Wolkenhauer und Feuer 
stein nur einigermaßen aufmerksam studiert hätte, müßte er zu einem andern Urteil über Waldsee 
müllers Karte gekommen sein und Etzlaub etwas ausführlicher und nicht erst nach Waldseemüller 
behandelt haben. 
3 Außer in Nürnberger Bibliotheken befinden sich sog. „Nürnberger Waldkarten“ auch in 
der Nat.-Bi. Paris, so daselbst unter Nr. 1033. 
4 Itinerarium orbis christiani in 83 Karten, auf 4 Teile verteilt. 1579 u. 1580 erschienen. 
Frankfurt a. M. (?). Ein Atlas mit Wegen. [Un.-Bi. Göttingen. H.-u. St.-Bi. München, hier 
Original.]
	        
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