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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
wurden Wege bald als einfache bald als Doppellinie oder als gestricheltes oder farbiges
Band gezeichnet, aber im ganzen ist das für jene Zeit so bedeutungslos, daß sich ein
näheres Eingehen darauf im Rahmen meiner Untersuchung nicht lohnt.
223. Die Fixierung des qualitativen Elementes der Wege im 17. und 18. Jahr
hundert. Für die kartographische Darstellung des Verkehrs und seiner Wege mußten
die Zeiten erst heranreifen. Wieder mußten wie zur römischen Kaiserzeit interterrane
und intermarine Weltwege geschaffen werden. Ihre bildliche Wiedergabe war die
notwendige Folge. Dazu waren besonders begabte Kartographen notwendig. Das
17. und 18. Jahrhundert bringen mit Joh. Baptist Homann (1663 — 1724) und Gr. Delisle
(1665—1726) wieder tüchtige und denkende Kartographen, die das Kartenbild in
Ausführung und Inhalt zu fördern verstehen. Ihrem Einfluß ist es zu danken, daß
im 18. Jahrhundert bald eine reiche Anzahl von Karten mit Wegen auftritt.
Ein neues Kulturelement, das Postwesen, entwickelte sich mächtig und verlangte
nach guten Karten. Waren es früher Pilger- und Handelsstraßen, die auf einzelnen
Karten dargestellt wurden, waren es jetzt vorzugsweise die Poststraßen, die in vielen
Linien England, Frankreich, Deutschland und Nachbargebiete durchzogen. War es
früher wichtig, daß überhaupt ein Weg da war, spielte später außer der Entfernung
die Güte der Straße eine Rolle, wozu sich jetzt bei den Poststraßenkarten wieder wie
bei den alten römischen Reisekarten (Tabula Peutingeriana) das zeitliche Moment ein
stellte. Das Postwesen forderte, wenn es einigermaßen pünktlich und sicher funktionieren
sollte, genaue Angaben über die Straßenlänge und die Straßenqualität bzw. Straßenart.
Die Etzlaubsche Entfernungsdarstellung reichte nicht mehr aus, sie war für die neuern
Zeit Verhältnisse zu grob und ungenau. Außerdem gab sie keinen Anhalt über die
Beschaffenheit der Wege. Hier setzte Homann ein und klassifizierte die Straßen in
Königsweg, Landstraße und gebahnten Weg. Er scheint hier von französischen
Vorbildern beeinflußt zu sein. Der ununterbrochene einfache oder doppelte Linienzug
galt seitdem der ausgebauten Straße, der Landstraße, und die gestrichelte oder punk
tierte Linie der geplanten oder unfertigen Straße oder einem nur für Saumtiere oder
Fußgänger geeigneten Weg. Mit Hilfe der verschiedenen Linienelemente lassen sich
eine Menge Zwischenstufen in der Beschaffenheit der Straßen ausdrücken. So hat
sich die Wegsignatur bewahrt und ist noch heute üblich. Die Poststraßenkarten hatten
noch eine reichere Signatur, die wir wie die Postkarte selbst noch einer besondern
Würdigung Vorbehalten (s. S. 608).
. Die Franzosen, die damals im Straßenbau allen andern Kulturvölkern voran
schritten, wußten die Wege eingehender zu spezialisieren und unterschieden Chemin
romain, moderne, de charroi, ordinaire und für alpine Gegenden besonders
noch Chemin difficile, passage difficile und Chemin de traverse. Doch die
allgemeine Durchführung der Wegekarten gehört erst in die zweite Hälfte des 18. Jahr
hunderts, in der ersten suchte man noch mit einfachem, aber sehr ausführlich gezeich
netem Wegenetz durchzukommen, wie amtliche Karten beweisen. ,,La carte des
Cévennes“ (1703), von Basville herausgegeben, hebt die ,,grands chemins royaux“
hervor. Das älteste kartographische Dokument, das das Dépôt de la Guerre in Paris
aufbewahrt hat, ist ,,La carte générale des Monts Pyrénées“ von Roussel aus dem
Jahre 1730 im Maßstab 1:330000, worauf die zahlreichen Orte durch gleich große
Ringsignatur dargestellt und fast sämtlich durch doppellinige Wege verbunden sind.
Die gleiche Wegsignatur finden wir auf ,,La carte géométrique du Haut-Dauphiné