Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarte. 
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Gepräge erhalten und die Wege so sicher im Kartenbilde wie die Flüsse sitzen. Schließ 
lich mußten die Ergebnisse der Vermessung auch der Allgemeinheit zugute kommen, 
was sich in Herausgabe besonderer Straßenkarten äußert. Jetzt fingen die Wege in 
der Tat an, ihre richtige Richtung zu verfolgen. Das ihnen beigeschriebene Zeitmaß 
entsprach dem Raummaß. Die Horizontalität des Wegenetzes im Karten 
bild, wie ich es nennen will, war festgelegt. Das war für das Verkehrswesen des 18. Jahr 
hunderts eine große Errungenschaft, die sich vorzüglich im Entwicklungsgang der 
Postkarte, der allerdings einige Jahrhunderte umspannt, widerspiegelt. 
Im 16. Jahrhundert können wir noch kaum von der „Postkarte“ sprechen. Der 
Etzlaubsche Typus der Reisekarte beherrschte das Jahrhundert. Ende dieses ver 
schwand er mehr und mehr, um der Straßen- bzw. Postkarte Platz zu machen. Wohl 
errichtete Franz v. Thurn und Taxis 1516 die erste Post zwischen Wien und Brüssel, 
die eigentliche Postkarte wurde anderthalb Jahrhundert später geboren. Ihre 
Entwicklung verweist uns in der Hauptsache nach Frankreich und Deutschland. Ihre 
große Verbreitung erhält sie vor allem nach dem Dreißigjährigen Krieg, ihre höchste 
Entwicklung im 18. Jahrhundert, bis sie im vierten Dezennium des folgenden Jahr 
hunderts schnell verblaßt. Die neu entstehende Eisenbahnkarte hatte ihr ein jähes 
Ende bereitet. Ein neuzeitliches Aufleben auf ozeanischem Verkehrsgebiete hat die 
Postkarte in Gestalt von Übersichtskarten der Postdampferlinien im Weltpostverkehr 
erlebt, für die das Vorbild Hermann Berghaus geschaffen hatte. 1 
Im Anfang war die Postkarte weiter nichts als eine Wegekarte. Als eine solche 
präsentiert sich eine Postkarte von J. Danckert. 1 2 Auf dieser großen Karte erscheinen 
die Hauptwege als Doppellinien; nicht einmal Entfernungszahlen befinden sich an ihnen. 
Post- und Straßen- bzw. Reisekarte sind zunächst eins. Allmählich zweigt sich 
die echte Postkarte als eine spezifische Reisekarte ab, um später, besonders in 
Atlantenform, wieder mit der Reisekarte wie in alter Zeit zu verschmelzen. 
Eine der ersten wirklichen Postkarten scheint mir die von Melchior T au er nier 
(Tavernier) zu sein. 3 Die Orte sind durch folgende Liniensignatur verbunden: 
o o—o o—o—o, wobei die Ringel die Orte und die Striche die Entfernung 
der Ortschaften in Lieües bedeuten. Die Karte ist späterhin wiederholt verbessert 
herausgegeben worden, so 1676 durch Sanson. 4 Sie erhielt die Bezeichnung „Carte 
particulière des postes de France“. Die Poststraßensignatur wurde etwas vollkommener : 
o o- —; durch die Punkte werden ^Lieüe bezeichnet. Hubert Jaillot 
1 H. Berghaus: Allgemeine Welt-Karte in Mercators Projektion zur Übersicht der Post 
schiffahrt u. neuerer Reisen um die Erde. Gotha 1864. — Die Neueste Karte der Erde, mit Rück 
sicht auf das Bedürfnis des Handelsstandes, sowie f. d. Unterricht an Lehr-Anstalten, entworfen von 
T. Bromme, gezeichnet u. neu bearbeitet von C. F. Baur in Mercatorprojektion (Stuttgart 1869) 
ist nur ein Konkurrenzunternehmen zur Karte von Berghaus u. erreicht diese nicht an Eleganz und 
Gewissenhaftigkeit der Ausführung. — Neuere Karten dieser Art sind: Übersichtskarte der über 
seeischen Postdampferlinien im Weltpostverkehr (zum ersten Male 1892 im Kursbureau des Reichs- 
Postamtes in Berlin bearbeitet) u. v. a. Karten mehr. 
2 Postarum seu veredariorum stationes per Germaniam et provincias adjacentes etc., per 
J. Danckerts. (Amsterdam? 1660?) [Br. M. London.] 
3 M. Tauernier: Carte géographique des postes qui trauersent la France. Paris 1632. [Br. 
M. London.] 
4 Exemplare der Karten von Sanson u. Jaillot i. d. Un.-Bi. Göttingen. Sie erschienen in 
Paris, auch in Amsterdam, hier s. a. In d. Nat.-Bi. Paris befindet sich die K. von Sanson i. Recueil 
de cartes diverses.
	        
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