Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die geschichtliche Entwicklung der Verkehrskarte. 
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Die reine Eisenbahnkarte ist noch etwas Seltenes, noch hängt sie mit der Post 
straßenkarte, deren harter Konkurrent sie ist, ja deren Tod sie wird, längere Zeit zu 
sammen. Gern hält sie Freundschaft mit der Kanal- und Flußschiffahrtkarte. 1 Selbst 
verständlich sind in all diesen Eisenbahn- und Reisekarten die Eisenbahnen, Chausseen 
usw. bis auf den jeweilig neuesten Standpunkt eingetragen. Gewöhnlich werden die 
dem Betrieb übergebenen Eisenbahnen rot überkoloriert und so von den noch im 
Bau befindlichen unterschieden; an den Chausseen und sonstigen Postrouten war die 
Entfernung der Stationen in landesüblichem Maße beigesetzt. Frankreich und England 
produzierten nicht die große Anzahl neuer Verkehrskarten, Frankreich wohl aber solche 
in großen Maßstäben, wie die von M. S. Vallot, A. Vuillemin und A. Potiquet. 1 2 Auch 
Belgien besaß Wegeverkehrskarten in großem Maßstabe. 3 
Wie in Europa wurden 1858 bereits in den Vereinigten Staaten von Amerika 
Eisenbahn- und Kanalkarten für Reisende herausgegeben. 4 Der Einzeichnung von 
Landstraßen war man im großen ganzen enthoben, da die rapide Entwicklung der 
Vereinigten Staaten erst mit der Eisenbahnzeit begann. Vor dem Ozean mit Ozean 
verbindenden Siegeszug der Eisenbahnen hatte noch kein durchgehender Kunst 
straßenzug vom atlantischen Osten her den pazifischen Westen erreicht. Die im topo 
graphischen Bureau des Post-Departements unter W. L. Nicholson ausgeführten 
Karten der östlichen Gebiete waren von unschätzbarem Werte, sie beruhten auf zehn 
jährigen Aufnahmen (1866—1876) und umfaßten insonderheit Verkehrslinien (Eisen 
bahnen) und Postämter. Sie gaben zugleich einen glänzenden Beweis für den orts 
begründenden und ortsvernichtenden Einfluß neuer Verkehrswege. Nach den 
amerikanischen Karten hatte A. Petermann eine hübsche Übersichtskarte über die 
Eisenbahnen und Wasserstraßen des östlichen Teils von Nordamerika veröffentlicht. 5 
Die Verbindung eines topographischen Bureaus mit dem Post-Department war damals 
in den Vereinigten Staaten sehr geboten, weil beim Anfang des Eisenbahnbaues eine gute 
topographische Karte fehlte und infolgedessen viel Lehrgeld bezahlt werden mußte. 6 
1 Eine der ältesten, wenn nicht die älteste Karte dieser Art Verknüpfung ist T. B. Loader’s 
Scientific and commercial map of England and Wales; in which are delineated the canals, rail-roads, 
& navigable rivers. London 1831. — A geological, railway & canal map of Engl., Wales and part 
of Scotl., by Smith & Son. London 1843. Die Karte erschien in verschiedenen Auflagen, noch 
1863 als Smith’s Map of Engl., Wal & part of Scotl. Shewing all the railways, steam-boat routes, 
roads & canals. — In die Reihe dieser Karten gehört auch Carte spéciale des chemins de fer de l'Empire 
Français; hg. v. E. Andriveau-Goujon, Paris 1866. [Sämtl. 3 Karten i. Br. M. London.] 
2 M. S. Vallot: Carte générale des principales voies de communication du royaume de France. 
1 : 500000. Paris, 1. Ausg. 1846. 2. 1849. Die Karte ist ohne Gebirgszeichnung, liefert aber eine 
klare Übersicht des hydrographischen Elementes und alles dessen, was sich auf Straßenbenutzung 
und Schiffahrt bezieht. — A. Vuillemin et A. Potiquet: Carte spéciale des chemins de fer de 
l’Empire français etc. 1 : 390000. Paris 1862. 
3 Ph. van der Maelen: Nouvelle Carte de la Belgique contenant le tracé des chemins de fer, 
routes, canaux etc. 1 : 300000. Brüssel 1859. Erschien von da ab vielfach berichtigt. 
4 Eisenbahn- u. Kanalkarte für Reisende in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Nürn 
berg 1858, Lotzbeck. — Ähnliche Karten gaben R. Haeberlein, E. Grangez, B. Haymann, 
Collins heraus. Mit Bezeichnung der Postämter edierte Buchner in Bamberg Karten nach J. Calvin 
Smith, H. S. Tanner. 
5 A. Petermann i. P. M. 1877, T. 19. 1 : 3700000. 
6 Wäre eine topographische Karte vorhanden gewesen, hätte der Staat Massachusetts 80 Mil 
lionen Mark, der Staat New York die doppelte Summe ersparen können; s. J. L. van Ornum: Topo- 
graphical surveys, their methods and value. Wisconsin 1896. — Vgl. ferner Paul-Dubois: Les 
chemins de fer aux Etats-Unis. Paris 1896.
	        
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