Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Wirtschafts- und Verkehrskarte. 
für die Zeichnung der Wege günstig, aber auch auf Karten kleinen Maßstabes sind 
ähnliche Versuche gemacht worden. 1 Das Bemerkenswerteste in dieser Richtung 
geht auf Hermann Berghaus zurück. Seiner Straßenkarte der Alpen und des nörd 
lichen Apennin 1 2 ist für ihre Zeit keine andere an die Seite zu stellen, die in so kleinem, 
leicht überschaulichem Rahmen das wichtige Element der Kommunikationen in dem 
Alpenterrain so korrekt und klar hervorhebt und daneben doch in dem Felslabyrinth 
des Hochgebirges eine solche Menge von Details zur nähern Orientierung bietet, wie 
es bei dem kleinen Maßstab kaum erwartet werden sollte; nur durch den wissenschaft 
lich diktierten Takt im richtigen Ausscheiden des Wesentlichen vom Unwesentlichen 
und durch die eigentümliche hypsometrische Massendarstellung war es H. Berghaus 
möglich, etwas derartig Gediegenes zu liefern. 
Eine sorgfältige Kartenkritik hebt auch heute das Zusammengehen von Weg 
netzbild und Terrainkarte als einen Vorzug hervor. Die praktische Bedeutung der 
C. Vogelschen Karte des Deutschen Reiches hat J. Partsch ausführlicher beleuchtet. 3 
Außer diesen Karten in großem Maßstäben und den Reise- und Touristenkarten 4 
müssen aber auch andere Verkehrswegekarten in höherm Maße das Terrain berück 
sichtigen. Wir zeichnen jetzt Fluß- und Kanalkarten und vergessen das Terrain, wir 
zeichnen Gebirgseisenbahnkarten und unterdrücken das Terrain, wir zeichnen Verkehrs 
karten des Deutschen Reiches, von England, von Frankreich, von Rußland usw. und 
tun, als ob kein Gelände vorhanden sei. Das politische Flächenkolorit kann bei letztem 
Karten den Mangel an Terrain nicht quitt machen. 
Den gerügten Übelständen muß eine zielbewußte und zielsichere Kartographie 
ein Ende bereiten. Die Wissenschaft fordert es. Die Praxis darf nicht hintanstehen. 
Mehr wie eine andere menschliche Kulturtat ist das Wegenetz von der orographischen 
Gestaltung abhängig. Das beweisen selbst ebenere Gelände. 5 Gerade mit den Ver 
kehrsstraßen hat der Mensch die Spur seines Daseins in das Antlitz der Erde ein 
gegraben. Diese Spur läßt sich nicht mehr wegrasieren. Der Weg ist so gut ein Bestand 
teil des Erdballs geworden wie jede terrestische physikalische Erscheinung. Das karto 
graphische Landschaftsbild ist ohne Verkehrswege nicht mehr denkbar. Von der außer 
ordentlichen Bedeutung des Verkehrsnetzes für ein Landschaftsbild gibt wohl nichts 
einen bessern und eindringlichem Beweis als eine Fahrt mit einem Flugzeug über 
weite Gelände. 
281. Die Neigung des Weges (das Gefälle). Großmaßstabige Karten mit guter 
Terraindarstellung, entweder in Schraffenmanier oder in Isohypsen, geben-uns Auf 
schluß über die Höhenlage der Wege. Allein über ein wichtiges Moment bei der Straßen - 
und Eisenbahndarstellung schweigen sie sich aus, nämlich über die Neigung des Weges. 
Die Straßenprofilkarten für Radfahrer von Mittel hach haben das redliche Bemühen, 
1 A. Philippson hat seinem Werke über den Peloponnes (Berlin 1892) eine hypsometrische 
Karte beigegeben, auf der zum ersten Male das tatsächlich vorhandene Straßennetz richtig gezeichnet 
wurde. 
2 H. Berghaus: Straßenk. d. Alpen usw. 1:1850000. Gotha 1859. 
3 Vgl. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S. 40, Anm. 1. 
4 Man denke auch an die offiziellen Touristenkarten, wie z. B. an die, die von dem norwegischen 
Topographischen Bureau herausgegeben werden. 
5 Unter den altem Karten besehe man sich nur die herrliche Straßen- und Wegekarte vom 
Königreich Hannover, Herzogtum Braunschweig und großherzoglich Oldenburgischen Herzogtum 
Oldenburg. Hg. vom Kgl. Hannoverschen Generalstab in 1: 250000. Hannover 1863.
	        
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