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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
auf die Verkehrslandschaft. In der Hauptsache stellen sich Karten vor, die uns
weniger in offizielle Arbeitsstätten als vielmehr in die Studierstube des Wissen
schaftlers führen. Die Schnellzugskarte des Deutschen Reichs, die H. v. Hedemann
entworfen hat 1 , gewährt einen unmittelbaren Einblick in die Stärke des Eisenbahn
personenverkehrs Deutschlands. Sie umfaßt alle Linien, auf denen Schnell-, Eil
und Luxuszüge regelmäßig verkehren und zeigt auf jeder Linie die Anzahl der täglich
in einer Richtung fahrenden Züge der genannten Arten durch ebensoviel parallel
laufende Striche an. Unstreitig gewährt die Karte ein annäherndes Bild von der
Wichtigkeit des Personenverkehrs in Deutschland, bekundet aber auch, wie der
Verkehr stark dezentralisiert ist. Andere Karten nehmen lediglich die großen
Durchgangs- und internationalen Schnellzugslinien auf. Die Hedemannsche Karte
hat einen großen Vorläufer bei den Postkarten; es sind die von E. Po pp eie 1880
bearbeiteten Karten Courses des vélociferes (Eilwagen-Kurse) entre Erancfort s. M.
et Leipzig, Cassel, Stuttgard, Munic, Karlsruhe, Bale. 1 2
Die Karte von Hedemann können wir mit gutem Rechte auch den gehobenem
Verkehrskarten beizählen. Der wirtschaftlichen Seite wird bereits gedient, wenn
sich beispielsweise in dem Linienbild die Besitz- bzw. Verwaltungsverhältnisse eines
Eisenbahnnetzes durch Farben oder besondere Signaturen widerspiegeln. Frankreichs
Eisenbahnen bilden gern den Vorwurf zu solchen Karten. 3 Auch außereuropäische
Gebiete liefern beachtenswerte Beiträge. 4 Weiter bietet einen guten Beleg für die
wirtschaftliche Bedeutung G. O’Grady’s Karte der deutschen Eisenbahnen und
ihrer Anschlüsse im Ausland. 5 Wie sehen zunächst die verschiedenen Arten der
Eisenbahnen und des Eisenbahnbetriebes. Auf detailliertem politischem Flächen
kolorit heben sich die Signaturen der Verkehrslinien sehr gut ab. Zudem springen
diese durch intensiveres Kolorit noch mehr in die Augen. Die verschiedenen Farben
für die Bahnen kennzeichnen die einzelnen Eisenbahndirektionsbezirke. Besonders
sind die Reichseisenbahnen, die Militärbahnen und die Privatbahnen hervorgehoben.
Die deutschen Privateisenbahnen und die Eisenbahnen außerhalb Deutschlands
erscheinen ohne Farbeton. Der Sitz des Eisenbahndirektionsbezirkes ist jedesmal
durch schraffierte Fläche bei dem Direktionsort zu erkennen. Auf der Karte werden
ferner sechserlei Bahnhöfe unterschieden. Besonders möcht ich hervorheben, daß
trotz der Fülle der verschiedenen Eisenbahnverkehrslinien die Karte nicht überfüllt
erscheint. Nicht so ausführlich wie O’Grady’s Karte ist S. Schropps Industrie- und
Handelskarte des Deutschen Reichs. 6 Die Karte ist eigentlich nur eine verbesserte
1 H. v. Hedemann: Schnellzugsk. des Deutschen Reichs. 1 : 2200000. P. M. 1914, I, T. 9.
2 Courses des vélociféres etc. Avec des tables, contenant les tarifs, l’arrivées, le depart etc.
Redigées par E. Poppele, officier de Poste de S. A. le Prince de Thurn et Taxis. Erancfort s. M.
bei Er. Wilmans (1830). [K. Bi. Berlin.] Es werden auf den Karten unterschieden: Eilwagen-
Kurse, Diligencen-Kurse, Briefpost-Kurse. Die Entfernungen zwischen den Orten sind in Postmeilen
angegeben. Die beigegebenen Tabellen enthalten Ankunft, Aufenthalt, Abgang, Tageszeit, Meilen,
Beförderungszeit.
3 Vgl. P. M. 1910, I, T. 39.
4 А. K. u. W. Johnston: Railway map of India 1:3150000 (50 miles = 1 inch). — Bei
den Eisenbahnlinien wird farbig und durch angeschriebene Initialen ihre Zugehörigkeit zu den ver
schiedenen Gesellschaften verdeutlicht, außerdem wird durch wechselnde Stärke des farbigen Bandes
ihre Spurweite (breite, mittlere und Schmalspur) angegeben.
5 G. O'Grady: Karte der deutsch. Eisenbahnen usw. 1: 800000. Gea-Verlag, Berlin 1913.
6 Schropps Industrie- u. Handelsk. des Deutsch. Reichs. 1 : 600000. Bearbeitet u. hg.
v. C. Opitz. Simon Schropp, Berlin 1913.