Wesen und Aufgaben der Verkehrskarte. Allgemein Methodisches.
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wird. Bei dem sich von Jahr zu Jahr unheimlich vergrößernden Autoverkehr wird
es zwingende Notwendigkeit, besondere Autostraßen zu bauen und sie sodann auf
der Karte von den Straßen für gewöhnliche Fuhrwerke und Fußgänger zu trennen.
Was wir bis heute als Autokarte besitzen, ist weiter nichts als eine Straßenkarte,
auf der die Chausseen oder Kunststraßen erster und zweiter Ordnung durch Farben
druck hervorgehoben werden. Wir finden sie fast gleichzeitig in Deutschland, England,
Italien und Frankreich entstanden, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß in beiden
letztgenannten Ländern die Pflege dieser Kartenart von jeher bedeutungsvoll war.
Eine der ersten umfangreichem Autokarten war die „Universal-Automobil-
Karte“ von Theod. Thomas, Leipzig 1903, in 1:500000. Rot sind die Automobil
wege eingedruckt. Starke rote Linien markieren Chausseen, dünne dagegen Land
straßen und befestigte Wege. Wie auf den alten Postkarten sind die Entfernungen
von Ort zu Ort (in Kilometer) angegeben. Gefährliche, steile Straßenwindungen
sind durch rote Kreuze gekennzeichnet. Ausführlicher und für den Autoverkehr
praktischer sind die Carte Michelin 1 und die Carte Taride 1 2 , die allerdings auch
in größerm Maßstabe entworfen sind, jene in 1:200000, diese in 1:250000. Die Carte
Michelin ist die bessere und darum wichtigere von beiden Autokarten. In klarer,
übersichtlicher Weise bringt sie ein Bild des Geländes, der Gewässer und des Wege
netzes von Frankreich wie auch der Eisenbahnen mit ihren Über- und Unterführungen
und Niveaukreuzungen. Geländezeichnung und die in grünem Farbton gehaltenen
Waldungen gehen diskret zurück, um desto markanter das Wegenetz, das von Höhen
zahlen begleitet wird, hervortreten zu lassen. Die für Autos unbrauchbaren Fahr
routen erscheinen schwarz, dagegen rot oder blau, von zwei Parallelen begrenzt, die
brauchbaren. Der weitere oder geringere Abstand der Parallelen zeigt die sehr breiten,
breiten und schmalen Straßen, die mit zugehöriger Zahl durch in N., D., G. C. und C.
(= route national, route departemental, chemin de grande communication und
chemin d’interet commun.) klassifiziert und durch rote bzw. blaue Zahlen in ihren
Längen bestimmt werden. Die chaussierten Straßen erhalten den roten, die ge
pflasterten den blauen Farbton. Je nachdem dieser dunkel, hell oder gestrichelt
gehalten ist, wird auf guten, mittelmäßigen oder schlechten Zustand aufmerksam
gemacht. Besondere Signaturen kennzeichnen Kurven, die ein Wenden nicht er
möglichen, ferner gefährliche Punkte und Pässe. Einfache, doppelte und dreifache
mit ihren Spitzen den Steigungen zugewandte Winkel in Schwarz machen diese
Steigungen als solche von 4—7, 7—10 und über 10°/ o kenntlich. Im Verlage des
Reichsamts für Landesaufnahme in Berlin erscheint neuerdings die D. M.- (Deutsche
Motorradfahrer-) Karte als Reichs karte in 1 : 300000 3 . Mit grünem Kolorit für die
Wälder und rotem Überdruck der Hauptverkehrslinien wirkt die Karte gefällig und
übersichtlich. Auch die Angabe der Kilometerentfernung zwischen den bedeutendem
Orten ist deutlich. Über die Steigung der Straßen sagt die Karte nichts.
Auf anderö Autokarten will ich nicht eingehen, da sie im Grunde genommen
fast in gleichem Genre gehalten sind, hie und da etwas mehr generalisiert, dann und
1 Carte Michelin; France en 47 feuilles. 1:200000. Ch. Delagrave, Paris 1911 — 1914.
2 Carte Taride. Carte routière de France avex indication des itinéraires pour automobiles.
1: 250000. A. Taride, Paris 1914.
3 So ist z. B. bereits das Blatt Frankfurt a. M. erschienen. — Eigentlich ist die D. M.-Karte
die neu aufgelebte, vom Reichsamt für Landesaufnahme übernommene und verbesserte Liebenow-
Ravenstein sehe Karte in 1: 300000.
Eckert, Karten Wissenschaft. II. 41