Wesen und Aufgaben der Verkehrskarte. Allgemein Methodisches.
647
abhängig ist. Bei der Betrachtung einer Karte der Binnenschiffahrt eines Landes
erkennt man, daß die Zeichnung der schiffbaren Strecken selten kontinuierlich ist.
Das sagt uns, daß der Muß nur streckenweise für die Schiffahrt benutzbar ist. Der
Rhein ist von der Einmündung in den Bodensee bis Schaffhausen schiffbar, sodann
erst von Basel an. Ebenso sind der Kongo wie viele andere Müsse nur streckenweise
schiffbar. Die Binnenschiffahrt ist von den orographischen und klimatischen Ver
hältnissen des Landes bedeutend mehr abhängiger als der Landverkehr. Hinwiederum
erlaubt eine Karte der Binnenschiffahrt sicherere Rückschlüsse auf die Gestaltung
des Landes als die Karte mit reinen Land Verkehrswegen.
Die hydrographischen Verkehrskarten, wie wir die Karten der Binnen
schiffahrt nennen wollen, befassen sich entweder mit den gesamten Flüssen eines
Landes oder Kontinentes oder mit der Schiffahrt eines einzigen Flußsystems oder
zuletzt mit einer Teilstrecke eines wichtigen Stromes, gewöhnlich mit dessen Mündungs
gebiet. Die untere Themse und die untere Elbe sind seit Jahrhunderten wichtigste
Verkehrsgebiete. Da sie schon ein gut Teil ozeanischen Charakter an sich tragen
und den Seeschiffen den Verkehr bis in das Herz Londons oder Hamburgs gestatten,
sind gerade sie seit altersher wiederholt einer sorgfältigen Vermessung und einer sorg
fältigen kartographischen Darstellung teilhaftig geworden.
Während es heute eine Reichsmarine-Angelegenheit ist, die untere Elbe ge
wissenhaft zu kartieren, war es vor 1870 Angelegenheit des Hamburger Staates. Die
großen Monographien der deutschen Ströme, von hydrotechnischer Seite heraus
gegeben (S. 284), gelten insonderheit auch der kartographischen Darstellung der
Nutzfähigkeit des deutschen Flußnetzes. Auch andere wichtige Flüsse des In- und
Auslandes haben kartographische Sonderdarstellungen gefunden, wie Donau 1 , Wolga 1 2 ,
Themse, Seine, Rhone, Po u. a. m.
Großen Wert hat man immer auf die kartographische Darstellung der Kanäle
gelegt. Wie oft ist schon der Nord-Ostsee-(Kaiser Wilhelm-)Kanal kartographisch
fixiert worden, desgleichen der Suezkanal; und Kanäle, die noch nicht dem Verkehr
übergeben sind, werden verschiedenartig in Wort, Bild und Karte dem allgemeinen
Interesse nahegebracht, wie seinerzeit der Panamakanal, der Großschiffahrtweg
Berlin-Stettin 3 u. a. m. Für den gesamten europäischen Wasserverkehr wird dereinst
von außerordentlicher Wichtigkeit der „Mitteleuropäische Kanal“ werden, dessen
Verlauf von Antwerpen (Paris) an über Berlin, Warschau, Wien bis hin zur Donau-
mündung ich in einer Kartenskizze 1910 bereits gezeigt habe. 4
1 Karte der Donau von ihrem Ursprünge bis an die Mündung. 1: 300000, Wien, Hartlebens
Verlag, s. a. — Wichtiger ist die „Karte der Donau, von Ulm bis zur Mündung“, 1: 125000. Nach
amtlichen Quellen bearbeitet. Ausgeführt im Militärgeogr. Institut. Wien 1920. Die 17 fortlaufenden
Blätter enthalten neben der genauen Kilometrierung des Stromes die wichtigsten nautischen und
verkehrstechnischen Daten (Dampfschiffstationen, Umschlageplätze, Eisenbahnanschlüsse, Ladeplätze,
Verkehrs- u. Winterhäfen, Fähren usw.). Jedem Blatt ist ein Längenprofil der entsprechenden Strecke
aufgedruckt, das unter anderm Aufschluß über Hoch- und Niedrigwasser. Brückenhöhen und Pegel
stand gibt.
2 J. Workowsky: Mouvements des marchandises entre St.-Pétersbourg et Astrakhan par
la voie navigable „Volga-Système Marie“. Rédigé d’après les recherches faites en 1867 — 1871. Karte
in Chromolithographie. St. Petersburg 1872.
3 Vgl. M. Eckert: Der Großschiffahrtweg Berlin—Stettin. Mit K. Marine-Rundschau 1908,
11. Heft.
4 M. Eckert: Von Paris bis Warschau u. von Antwerpen bis zum Schwarzen Meere. Ein
mitteleuropäischer Kanal. Deutsche Revue, hg. von R. Fleischer. Stuttgart-Leipzig, Okt. 1910, S. 71.