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054 Wirtschafts- und Verkehrskarte.
ausgeübt hat; drittens die geographische Lage und Richtung der Güterbewegung;
und viertens die auf den Linien transportierten Mengen. Der erste und dritte Ge
sichtspunkt sind eng verwandt, jener gibt die Verkehrs kreise und dieser die Verkehrs
linien; desgleichen sind zwei und vier verwandt, jener zeigt die Belastung des Ver
kehrskreises und dieser die Belastung der Verkehrslinien. Statt Belastung sagen
wir meistens Verkehrsumfang.
Auf der Karte sehen wir verschieden große Verkehrs kreise, von denen Strahlen
auslaufen. Beide Kartenelemente sind teils gelb, teils schwarz im Aussehen. Mit
Schwarz wird der Inland verkehr bezeichnet, mit Gelb der Auslandverkehr. Mit
der Größe des Verkehrskreises wird der Wert der Belastung gekennzeichnet, nicht
etwa die Mächenausdehnung der Bezirke. Die Kreisfläche jedes Inlandkreises ist
in Sektoren geteilt, die in Prozenten der Kreisfläche die Belastung nachweisen.
Durch die Sektoren wird Lokalverkehr, Inlandversand und -empfang, Ausfuhr (nach
dem Ausland) und Einfuhr (vom Ausland) ausgedrückt. Bis dahin ist noch kein
neues Moment in die Verkehrskarte hineingetragen worden; es dokumentiert sich
lediglich in den Verkehrslinien.
In den Verkehrslinien kommt das Verfahren der sogenannten Einheits
karten am reinsten zum Ausdruck. Irgendeine Linie von einer gewissen Stärke bildet
die Einheit; sagen wir in dem beregten Falle bedeute die „Einheitslinie“ 50000 t
des jährlichen Eisenbahntransportes. Eine Linie von doppelter Stärke wird „Doppel
linie“ genannt, sie ist das Symbol für 50000 bis 100000 t. Für den Gütertransport
von 950000 bis 1 Million t im Jahre wird die „Balkenlinie“ gewählt. Mit Hilfe dieser
Linien ist es nun möglich, aus dem Kartenbilde den Umfang des Verkehrs, also hier
den Umfang der transportierten Steinkohlen und des transportierten Steinkohlen
koks ohne Hilfe der statistischen Tabelle genügend genau abzulesen. Bei dem Riesen
verkehr zwischen dem Ruhrrevier und Duisburg-Ruhrort konnte Tiessen nicht einmal
mit seinem Liniensystem auskommen und führt einen „Riesenbalken“ ein, dessen
Analysis auf der Karte besonders notiert ist; es ist ein Riesenbalken, der 21 Balken
linien und 9 Doppellinien vereinigt.
Ferner hat Tiessen an die Darstellung der Transportrichtung, die für die Be
urteilung der Güterbewegung wichtig ist, gedacht und dafür die „Richtungspfeile“
gesetzt. Sie bezeichnen die überwiegende Transportrichtung. Fiedern unterhalb
der Pfeilspitze zeigen die Gegenbewegung des Gesamttransportes in prozentualer
Abstufung an.
Wünschenswert ist es, derartige Kartenbilder für sämtliche Massengüter und
für mehrere Jahrgänge zu besitzen. Wir stimmen mit Tiessen überein, wenn er von
seinen Karten behauptet, daß sie auf den ersten Blick Zusammenhänge von Tat
sachen und Folgerungen geben, „die auch das sorgfältigste Studium der statistischen
Grundlage nicht hätte vermitteln können.“
Die Bezirke der überwiegenden Produktion und des überwiegenden Versands
werden als „Schwerpunkte der Karte“ bezeichnet. Sie gewähren einen guten Einblick
in die wirtschaftliche Tüchtigkeit eines Gebietes. Tiessen hat ganz richtig emp
funden, daß die Karte des Eisenbahntransportes eine notwendige Ergänzung in einer
Karte des Wasserstraßentransportes verlangt. Vollständig wirtschaftlich und zuletzt
kulturgeographisch verständlich werden diese Karten, wenn sie außerdem von Karten
der Produktion nach geographischer Verbreitung und Menge und der verarbeitenden
Industrien, gegebenenfalls noch von Karten der Volksdichte und der Viehhaltungs