Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die gehobenem Verkehrskarten und ihre Methoden. 
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nommenen Reisen oder die Menge der transportierten Güter gemeint sein? Die 
ähnliche Karte in E. Friedrichs Wirtschaftsgeographie 1 bedeutet der Tänzlerschen 
Karte gegenüber keinen Fortschritt, ebenso nicht die Wandkarte zum Studium der 
Weltwirtschaft von N. N. Tornow, worauf die Breite der Schiffahrtstraßen dem 
Raumgehalt der Schiffe entspricht. 1 2 In seinem spätem Werke „Geographie des Welt 
handels und Weltverkehrs“ hat sich E. Friedrich bei der Darstellung des Weltver 
kehrs an meine Karte angeschlossen. 3 
Wo man vor zwei Dezennien auch Umschau hielt, in den Kartenwerken des 
In- und Auslandes gab es keine Karte, die nach wissenschaftlicher Methode ein 
wahres Verkehrsbild veranschaulicht hätte, obwohl es nicht allzu schwer war, zu 
einem leidlichen Ergebnis zu kommen. Die Breite der Verkehrsbänder mußte aus 
einer sorgfältig abwägenden Statistik des wirklich geleisteten Verkehrs gewonnen 
werden. Unter dieser Voraussetzung schritt ich an die Konstruktion einer Karte 
heran, auf der 8 Millionen Registertonnen netto des einkommenden und ausgehenden 
Seeverkehrs = 0,5 mm Breite eines Verkehrsbandes gezeichnet wurde. 
Dieser erste Versuch, die wahren Größen der bewegten Schiffsräume zu ver 
anschaulichen, wirkte verblüffend. Er zeigt das kolossale Übergewicht des nord 
westeuropäischen Verkehrs, ferner das starke, alle übrigen Großverkehrsadern weit 
hinter sich lassende Band, das Nordwesteuropa mit Nordostamerika verknüpft. Man 
staunt über die dem Atlantischen Ozean gegenüber abgeschwächte Bedeutung des 
transpazifischen Verkehrs u. a. m. Der Atlantische Ozean ist das routenreichste und 
verkehrsreichste Meer unter allen Ozeanen. Es hat sich zu einem Weltmittelmeer 
emporgeschwungen, wogegen der Pazifische Ozean der Große Ozean par excellence 
bleibt und auf den Verkehr infolge seiner Größe und Gestalt mehr dezentralisierend 
wirkt. Besser kann dies wohl kaum als mit Hilfe einer Karte demonstriert werden, 
wie ich sie entworfen habe. Interessant wird für die Zukunft ein Vergleich sein, wenn 
der Panamakanal auf eine Reihe von Jahren seines Verkehrs zurückblickt. Der 
Verkehr mit Ostasien und Australien dürfte alsdann eine Verschiebung erfahren, 
freilich bei weitem nicht in dem Maße, wie gern behauptet wird, insonderheit von 
amerikanischer Seite. Der Verkehr mit Afrika ist gegenwärtig noch nicht so be 
deutend. Wichtiger ist der mit Südamerika, bei dem auch Nordamerika bereits mit 
einem ansehnlichen Tonnenraum vertreten ist. Das alles und mehr erzählt die Karte 
ohne ausführliche textliche Interpretation. 
Seitdem hat die Karte, die ursprünglich in Mercatorprojektion entworfen war 
und später in eine flächentreue übersetzt wurde, ihren Eingang teils mit teils ohne 
Quellenangabe in Wand-, Atlas- und Spezialkarten gehalten. 4 Ich selbst habe sie 
meinem „Leitfaden der Handelsgeographie“ beigegeben. Die gleiche Karte findet 
sich wieder in K. Hasserts Verkehrsgeographie. 5 G. Schott reproduzierte das 
Original verkleinert in seiner Geographie des Atlantischen Ozeans 6 , und G. G. Chisholm 
legte die Originalkarte als „Maps of ocean traffic“ der siebenten Auflage (1908) seines 
1 E. Friedrich: Allg. u. spez. Wirtschaftsgeographie. Leipzig 1904, Karte 3. 
2 N. N. Tornow: Wandk. zum Studium der Weltwirtschaft. 1 : 20000000. Petersburg 
1910 (russisch). 
3 E. Friedrich: Geogr. des Welthandels u. Weltverkehrs. Jena 1911, T. 1. 
4 Vgl. u. a. A. Dix: Politische Geographie. München, Berlin 1921. S. 79. 
5 K. Hassert: Allgemeine Verkehrsgeographie. Berlin u. Leipzig 1913. S. 90. 
6 G. Schott: Geographie des Atlant. Ozeans. Hamburg 1912. S. 305. 
Eckert, Kartenwissenschaft. II. 
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