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Wirtschafts- und Verkehrskarte.
bahnen und ist in kleine Quadrate zerlegt, die zur genauen Bestimmung der Postorte
dienen. Es wird eine Genauigkeit der Ortsbestimmung bis auf Vio Quadratmeile
erzielt. Aus jüngerer Zeit meldet sich der Atlas of railway traffie maps von
W. A. Shelton. 1 Er will den Eisenbahnverkehr und vorzugsweise den Eisenbahn
tarif zwischen den einzelnen Staaten bzw. Gesellschaften der Vereinigten Staaten
von Amerika charakterisieren. Die Frachtsatzstruktur der Vereinigten Staaten ist
ein besonderes Erzeugnis der Vereinbarungen zwischen den Eisenbahnen. Eine Fracht-
ausgleichung umfaßt Ursprungs- und Bestimmungsland. Die Gebiete, soweit die
Frachtsätze gelten und mit ihnen die Frachtausgleichungen, sind in Auskunftsbüchern,
Informationszirkularen, Frachttarifen usw. beschrieben. Dagegen ist bisher noch
nicht gew y agt worden, Eisenbahnverkehrskarten zu veröffentlichen, die einen schnellen
und sichern Einblick in die Frachtsätze der verschiedenen Landesteile gewähren.
Shelton s Atlas sucht diese Lücke auszufüllen. Auf farbigen Karten sind die Fracht
ausgleichungsgebiete graphisch dargestellt. Weiterhin enthalten sie wichtiges Material
zum Studium der großen Überlandwege der Vereinigten Staaten. Die Karten sind
weniger Verkehrskarten als vielmehr verkehrsstatistische Kartogramme.
Im Gegensatz zu den Landverkehrslinien ist es bei den Seerouten Brauch ge
worden, jeder die Entfernungszahl anzuschreiben. Viele tragen neben dieser Zahl
noch eine Angabe über die Beförderungs- oder Beisedauer. Die Engländer haben
seither viel darauf gehalten. In Philip's Mercantile marine atlas 1 2 sehen wir außer
den Seewegen und St ekabeln die Entfernungen in Seemeilen angegeben, bei den
wichtigem Linien, die dem Personenverkehr dienen, auch die Beisedauer in Tagen.
Handelt es sich um kurze Strecken, wie im Ärmel-Kanal, wird die Beisedauer in
Stunden notiert. An dieses Beispiel lassen sich viele andere inländischer wie aus
ländischer Karteninstitute anreihen. Ein komischer, immerhin origineller Versuch
liegt vor in Robert Wunders Verkehrsatlas der Erde, von dem ich übrigens nur
eine Karte bisher gesehen habe. 3 Im Vorwort dazu heißt es bombastisch, daß alles,
was zum Verkehr gehört, in vorliegender Karte eingetragen sei. Nun ist die Karte
weiter nichts als eine Weltkarte in Mercatorprojektion mit politischem Kolorit. Das
Meer ist mit schwarzen Punkten in stetiger Anordnung bedeckt. Die Entfernungen
zwischen den Punkten betragen in horizontaler und vertikaler Richtung 100 Sea-miles.
Mithin sind wegen der Mercatorprojektion die Punkte in der Äquatorgegend enger
beieinander als etwa beim 60. Breitenparallel.
246. Höhere Verkehrskarten. Wo wir die Verkehrskarten auch anpacken, wie wir
sie auch aufbauen, immer spielt das Entfernungsphänomen hinein; nur wenige Aus
nahmen bieten Karten, wenn es sich z. B. um die Verkehrswege an sich handelt. Das
drang sich W. Götz bei seinen Studien über die Verkehrswege des Welthandels auf; des
halb wurde er, obendrein durch Fr. Ratzels Anthropogeographie angeregt, zur Aufstellung
einer eigenen „Wissenschaft der geographischen Entfernungen“ geführt 4 , die dann
weiterhin von Einfluß auf die Herstellung gehobener Verkehrskarten wurde. Diese
1 W. A. Shelton: Atlas of railway traffie maps. Chicago 1913.
2 Philip's Mercantile marine atlas. Edited by George Philip. 2. Ausg. London 1905.
3 Robert Wunder: Verkehrsatlas der Erde. Communications cards of the globe. 1 : 45000000.
Braunschweig s. a. (1910). [K. Bi. Berlin.]
4 W. Götz: Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels. Stuttgart 1888. Zur Herstellung
einer „Wissenschaft der geograph. Entfernungen“, S. 1—28.