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Ästhetik uud Logik der Karte.
nicht weit voneinander entfernt sind. In dieser Weise wird die Geländekorvenmanier
öfters bei Aufnahmen im Felde gebraucht.
Das auffälligste, eine Art Schattenplastik nur mit Eilte von verschieden ge
färbten Isohypsen zu erzeugen, zeigt die Paulinysche Methode, ein Verfahren,
das vor einigen Jahren viel von sich reden machte, über das man aber bald zur Tages
ordnung schritt, weil es das nicht hielt, was der Verfasser von ihm lobte und ver
sprochen hatte. Auf der Schneeberg-Raxalpenkarte 1 hat die Methode ihren glänzenden
Einzug in die Welt gehalten, um wohl nun mehr ein historisches als auf die Gegen
wart lebendig fortwirkendes Dasein zu fristen. Die im vollen Westlicht liegenden
Isohypsen sind als volle weiße Linien gemalt, die sich bei der Umkehr nach
der Ostrichtung verflüchtigen, bzw. in Punkte auflösen und dann in braune Punkte
übergehen, die zu den vollen dunkelbraunen Isohypsenlinien, die das Ostgehänge
umziehen, überleiten. Auf der vierfarbigen Ausgabe der Karte, worauf das Iso
hypsenbild am klarsten, kann man, wenn man die Augen zu fünf Sechstel
schließt, ein klein wenig Plastik wahrnehmen, mehr schon auf der achtfarbigen
Ausgabe. Hier wird aber die Plastik nicht durch die Isohypsen erzielt sondern von
der Schatten Wirkung der Waldzeichnung, die auf der beleuchteten Seite in hellen
gelblichgrünen Ringeln und auf der Schattenseite in kräftiger blauen Ringeln ge
geben ist. Ihre Anhäufung ist derart dicht, daß sie auf der Schattenseite eine schatten
plastische Wirkung erzielen, mehr als die Isohypsen selber, da sie eben bei ihrer dichten
Anzahl die Wirkung der Fläche erobern. Den gleichen Effekt unterstützen die ähnlich
behandelten Wiesen und Hutweiden. Ganz unmotiviert dazu stehen die gelblichen
Schraffen der Licht- und die braunen Schraffen der Schattenseiten, die den Feldbau
bezeichnen sollen. Obwohl dieser deutlich hervortritt, zerhackt die Feldbauzeich
nung das Bild und beeinträchtigt die Wirkung. Die Karte wirkt in ihrer Totalität
ungünstig. 1 2
204. Die ästhetische Wirkung der Farbenplastik. Die Karte von Pauliny hat
uns ganz leise zu der Plastik hinübergeleitet, die wesentlich durch die Wirkung ver
schieden zusammengestellter Farben entsteht. Gibt es überhaupt eine Plastik der
Farben? H. Habenicht sagt: „Eine wirkliche Plastik der Formen können Höhen
schichtkarten ohne Schatten (seil, durch bloße Farbenplastik) nicht geben, be
sonders nicht im Hochgebirge.“ 3 Und dennoch spricht man von einer Farbenplastik.
Es muß mithin etwas in den Farben liegen, das auch ohne besondere Schatten den
Eindruck eines Reliefs hervor bringt. Wir haben bereits eine Anzahl wichtiger Höhen
schichtkarten kennen gelernt. Nur wenige werden wir hier noch heranzuziehen
haben. Bei all diesen Verfahren stuft man entweder innerhalb derselben Farbe ver
schiedene Töne ab oder man gebraucht verschiedene Farben, deren Abstufung teils
1 Schneeberg, Raxalpe u. Semmering nach seiner Kartendarstellungs-Methode entworfen u.
gezeichnet von J. J. Pauliny, technischer Vorstand d. R. aus dem k. k. militär-geographischen
Institute zu Wien 1898. 1 : 37500. Eine vierfarbige und eine achtfarbige Ausgabe. — Vgl. die Kritik
über die Methode in M. Eckert: Die Karten Wissenschaft, I, S. 613—617.
2 Das ist auch das Urteil von H. Habenicht in P. M. 1899, LB. 98, S. 25.
3 H. Habenicht über O. Brunn: Karte der deutschen und österreichischen Alpenländer
(Ostalpen). 1 : 600000. München, O. Brunn. P. M. 1905, LB. 64, S. 28. - Dazu vgl. auch H. G. Lyons:
The representation of relief on maps. Ministry of finance, Egypt. Survey Department. Technical
lecture Nr. 2, Cairo 1909. Mit 5 Kartenbeilagen.