Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Zur Ästhetik der Geländedarstellung. 
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konventionell teils nach wissenschaftlichen Gesetzen erfolgt. Die Farbtöne oder 
Farbnuancierungen können entweder unmerklich oder in kleinen verwandten Stufen, 
die zugleich bestimmte Terrainabschnitte kennzeichnen, ineinander übergehen. Die 
altern farbenplastischen Systeme sind nach dem Gefühl, bzw. nach der Beobachtung 
der Farbenwirkung in der Natur aufgebaut. Die Theorie der Farbenplastik 
hat K. Peucker auf eine hohe Stufe gebracht. Die Farben des Spektrums gaben 
ihm den Fingerzeig. Danach ist das Prinzip der Farbenwahl: Je höher, desto 
leuchtender! 
Das Peuckersche System beruht zugleich mit auf den Beobachtungen der 
Farbenwirkung in der Natur. Am hellsten und nächsten erscheinen uns immer rötliche, 
sogenannte warme Töne (braun, gelb, rot), am entferntesten bläuliche oder kalte 
Töne (grün, blau, violett). Die Beihe der Spektralfarben deckt sich mit dieser Wahr 
nehmung. Bot leuchtet. Wir kennen die Bedeutung der roten Färbung im Tierreich. 
Das Bot ist die Sicherungsfarbe für Leuchtschiffe, Leuchttürme und andere Meeres 
zeichen, desgleichen für den verschlungenen Pfad des Wanderers im Hochgebirge. 
Das Bot wird gern auf Karten gebraucht, von denen man eine große Fernwii kung 
erwartet, so auf Übersichtskarten bei Vorträgen usw.; stark kontrastierende Farben, 
Avie Blau, Grün, gesellen sich hinzu. Überhaupt werden Bot und Blau häufig ver 
wendet, um bestimmte Kontraste recht augenfällig zu machen. 1 
Denken wir unsern Beobachtungspunkt über den Alpen, sind die höchsten 
Erhebungen uns am nächsten; ihnen gibt man darum rötliche Färbungen, die über 
Braun zu Gelb übergehen; die tiefem, dem Auge ferner liegenden Gebietsteile oder 
Schichten koloriert man in kalten, grünen und blauen Tönen. Das ist die Farbenskala, 
Avie sie derjenigen in der natürlichen Landschaft entspricht, Avie wir sie auf der offi 
ziellen Sclnveizer Wandkarte schon kennen lernten. Auch neuere Karten schweize 
rischen Ursprungs, Avie die von Ed. Imhof 1 2 , huldigen selbst bei wenigen Farbplatten 
der bewährten Sclnveizer Beliefmethode. In der harmonisch abgestimmten Farben- 
abstufung ruht ein Avesentliches Moment der Plastik der Natur. Der Kaum übt eine 
unverkennbar harmonisierende Wirkung auf die Farben aus. 
Das Peuckersche System will allein durch das Wesen der Farben, durch die 
ihnen innewohnende Kraft wirken. Es verzichtet bei der Herausarbeitung des plasti 
schen Effekts auf besondere Schattengebung. Dadurch, daß die wärmern, freundlichem 
Farben die Gegenstände dem Auge des Beschauers optisch näher bringen, wird 
eine plastische Wirkung erzeugt. Da dem System eigentliche Schattentöne fehlen, 
möchten wir die Farbenplastik mehr in das Gebiet der theoretischen Plastik ver- 
Aveisen als in das der praktischen, zu dem vorzugsweise die schief beleuchteten 
Terraindarstellungen zählen. In der gleichen Weise werden auch die Karten zu 
1 Auf Völkerkarten werden Rot und Blau zumeist gebraucht, um z. B. die Verbreitung von 
Deutschen und Polen usw. zu veranschaulichen. Aber auch auf Karten andern Inhalts findet sich 
diese Farbenzusammenstellung, so auf der Karte der Eisverhältnisse des südöstlichen Teils von 
Baffinsland, nach den Beobachtungen amerikanischer Walfischfänger von F. Boas (1: 6000000, 
P. M. 1888. T. 18). Darauf sind die offenen Meeresstellen im Winter rot, diejenigen im Sommer 
blau koloriert. 
2 Vgl. Ed. Imhof: Relifkarte des Appenzellerlandes. Hg. v. d. Landesschulkonimission v. 
Appenzell. Zürich s. a. (1024). F. Becker u. Ed. Imhof: Neuer Schweizerischer Volksschulatlas. 
Zürich 1024. — Bei all den Kn. von Imhof, die im großen u. ganzen recht wirkungsvoll sind, tritt 
bloß der blaue Ton zu sehr in den Vordergrund.
	        
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