Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Zur Ästhetik der Geländedarstellung. 
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tieren. Wird z. B. den braunen Tönen auf den dunklern und somit höhern Stufen 
noch etwas Rot zugesetzt, gewinnt die Plastik. 1 
Sehr viele Karten nehmen wohl in dieser Richtung einen ganz hübschen Ansatz 
zur Plastik, um aber dann plötzlich durch Hineinziehung eines andern, oft ganz un 
motivierten Farbetones die plastische Wirkung abzubrechen und dadurch die bis 
zu dem neuen Farbeton erzielte abzuschwächen; und zuletzt, wenn noch alles gut 
abläuft, wirkt das Bild wohl farbenästhetisch nicht aber plastikästhetisch. Selbst 
A. Petermann hat gegen die Farbenplastik gefehlt. Eine Karte von Chile * 2 zeichnete 
er in Höhenschichten von 500 zu 500 m. Die unterste Stufe ließ er weiß, die folgenden 
malte er gelb, grün, hellbraun bis dunkelbraun, rotbraun und violett aus; da erscheint 
auf einmal von 6000—6500 m wieder Weiß, über 6500 m gelbes Grün. Die letzten 
zwei Farbschichten passen gar nicht, mit Violett sollte die höchste Stufe abgeschlossen 
sein; dann wäre zu der an und für sich schönen Farbengebung ein plastischer Effekt 
getreten. Auch die schöne Bludausche Höhenschichtkarte der preußischen Seen 
platte 3 , die in ihrer säubern, netten Ausführung an die englischen Karten von 
Bartholomew erinnert, leidet an dem gleichen Mangel stetiger Plastik, die hier leicht 
erzielt werden konnte. Der Meeresgrund ist in vier blauen Stufen abgetönt, sodann 
folgen beim Land zuerst zwei grüne, dann zwei gelbe, sechs braune bis rotbraune, 
drei helle neutraltintenfarbige und zwei graue Stufen. Das Bild wirkt plastisch bis 
zu den Neutraltinten. Daß Petermann aber auch der farbenplastischen Wirkung 
gerecht zu werden verstand, bezeugt seine Schichtkarte von Kleinasien. 4 An das 
Meer, das weiß ausgespart ist, setzt sich eine dunkelgrüne Schicht an bis 500 m; 
dadurch hebt sich Kleinasien außerordentlich vorteilhaft von seiner marinen Um 
gebung ab. Es folgen eine hellgrüne Schicht von 500—1000 m, eine hellbraune 
Schicht bis 2000 m und eine dunkelbraune bis 8000 m; eine rotbraune mit schwarzer 
Schraffur, über 8000 m, schließt die Erhebungen nach oben ab. Während K. Sapper 
auf seiner Mittelamerikakarte 5 ganz richtig von dem Grün des Tieflands über Hell 
braun zu dein Dunkelrotbraun und Violett der höhern Terrainteile vorschreitet, 
zerreißt er diese einheitliche Stufenfolgerung auf der Karte von der Republik Guatemala 6 , 
wo er über Grün, Gelb, Blau zu vier roten Tönen emporsteigt. Das Kartenbild wirkt 
zu bunt und geht gleichfalls einer stetigen Plastik verloren. 
Kann innerhalb ein und derselben Farbe oder verwandter Farben durch Nuancie 
rungen eine stetige Plastik erzielt werden, wird sie nicht bloß durch das unmotivierte 
Auftreten eines neuen Farbtones gestört sondern auch durch im plastischen Sinne 
ausgeübte Nuancierungen innerhalb verschieden gearteter Farben auf ein und dem 
selben Kartenbild. Die Sprünge von der dunkeln Stufe der einen Farbe zu der hellen 
der andern werden immer scharf empfunden. Schon E. v. Sydow tadelte dies an der 
J Wie würde z. B. die schöne Karte von Brunn: Spezialkarte von Oberbayern, 1:250000, 
gewonnen haben, wenn den drei obern der acht braunen Schichten ein Rot beigemischt wäre. 
2 A. Beterinann: Karte von Chile in 2 Blättern. Nach der Landesaufnahme in 1 : 250000 
reduziert auf 1: 1500000. P. M. 1875, T. 3. 
3 Alois Bludau: Höhenschichten-Karte der Preußischen Seenplatte und des westpreußischen 
Anteils der Poiumerschen Seenplatte. 1 : 500000. P. M., Ergh. 110. 
4 A. Petermann: Schichtenkarte von Klein-Asien. 1 : 3700000V P. M. 1875, T. 13. 
5 Original-Karte des nördlichen Mittel-Amerika. Von K. Sapper. 1 : 110O00O. P. M., 
Ergh. 127, 1899. 
c Die Republik Guatemala. Nach eigenen Aufnahmen gezeichnet von K. Sapper. 1 : 900000. 
P. M„ Ergh. 113, 1894, T. 1.
	        
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