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Ästhetik und Logik der Karte.
wobei er namentlich die geologische Karte ins Auge faßt und auf Schulkarten hin
weist, die unter einem falschen Oberbegriff generalisieren und damit den wissen
schaftlichen Wert des Kartenbildes zerstören. Auch geologische Hand- und Über
sichtskarten haben nicht immer einen logisch einwandfreien Aufbau. „Eine geo
logische Spezialkarte kann fast alle Altersstufen und Gesteine ausscheiden, die man
überhaupt unterscheidet; auf der Übersichtskarte dagegen muß man die einzelnen
Altersstufen oder Horizonte in großem Formationen, verschiedene verwandte Gesteins
arten unter allgemeinem Gesteinstypen zusammenfassen.“ 1 Dasselbe, was von der
geologischen Karte gesagt wird, gilt in gleichem Maße von der tier- und pflanzen
geographischen Karte.
Leichter ist ein Oberbegriff zu bilden bei Karten, wo die Auswahl und Be
arbeitung der Materie in Stufen bzw. Graden erfolgt, wie bei den meteorologischen,
erdmagnetischen, Besiedlungskarten usw. Auf den Spezialkarten folgen die Werte,
die sich in Linien (Isarithmen und Pseudoisarithmen) repräsentieren, gradweise
oder in bestimmten Bruchteilen eines Grades aufeinander; auf den Übersichtskarten
werden die Einzelgrade zu großem Gradintervallen zusammengefaßt, etwa derart,
daß 5°-, 10°-Intervalle unterschieden werden. Bei den Klimakarten stoßen wir bei
den Grenzräumen sogar auf unregelmäßige Intervalle, die jedoch wissenschaftlich
wie logisch begründet sind.
Der Vergleich. Kartenkritik und Kartenlogik werden in ihren Funktionen
wesentlich durch den Vergleich unterstützt. In der historischen Methode spielt
bekanntlich der Vergleich die größte Rolle 1 2 ; hier ist er jedoch wesentlich genetischer
Natur, während er in der Logik mehr die Gegenwartswerte untersucht, und zwar
ein und dasselbe Phänomen in verschiedenen gleichartigen Karten oder in
einer Karte selbst. Die Logik achtet darauf, daß die logische Deduktion nicht auf
falsche Wege gelenkt wird. Vor allem wird das Veränderliche untersucht, was zur
tiefem Erkenntnis der Materie führt; denn Vergleiche lassen sich nicht ziehen zwischen
Funktionen, ohne daß die Variable festgelegt ist.
Wären die logischen Gesetze besser beachtet worden, würde manche Karte,
selbst die namhafter Autoren, besser konstruiert worden sein. Wenn z. B. G. Gerland
in seinem Atlas der Völkerkunde auf zwei benachbarten Karten, Nordamerika und
Europa, beide in 1:25000000 3 , verschiedene Dichtestufen bringt, also für die Ver
einigten Staaten Dichtestufen von weniger als 1, 1—10, 10—20, 20—50, 50—100,
100 und mehr Bewohnern auf 1 qkm und für Europa von 1—25, 25—50, 50—75,
75—100, 100—150, 150—200 und mehr, dazu mit teilweise verschiedenem Kolorit,
ist eben das ganze Verfahren und damit die Karte unlogisch und dient absolut nicht
dem Vergleich, was doch wohl ursprünglich beabsichtigt war.
Die Stufenwahl ist für den Vergleich ein ausgiebiges Untersuchungsfeld.
Nicht bloß vom Taktgefühl und der Geschicklichkeit des Kartenzeichners hängt es ab,
die richtige Stufenwahl zu treffen, sondern weit mehr noch von seiner wissenschaft
lichen und logischen Schulung. Je besser diese funktioniert, desto leichter wird dem
Kartenbenutzer das Verständnis der Karte. Oft sind es nur kleine, kaum merkbare
1 A. Hettner: Die Eigenschaften u. Methoden der kartograph. Darstellung. G. Z. 1910, S. 22.
2 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S, 32ff.
3 G. Gerland: Atlas f. Völkerkunde, i. H. Bergbaus: Physik. Atlas, Abt. VII. Gotha
1892, T. 62.