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Ästhetik und Logik der Karte.
nach dem umgekehrten Prinzip je tiefer desto dunkler! koloriert sind und die
dunkelste Stufe in der Tiefe plötzlich mit dem Grün des Tieflandes zusammenstößt. 1
289. Die Spektralfarben und die Ostwald sehen Farbenkreise. Anfechtbar vom
logischen wie kartographischen Standpunkt aus ist die Behauptung 1 2 , daß die Reihen
folge der Farben im Spektrum nicht in der Weise gleichstufig wirke wie gut gewählte
Nuancen einer Farbe. Ich lege zunächst den Nachdruck auf gut gewählte Nuancen
einer Farbe. Was heißt aber gut gewählt? Sollen das viele oder wenige gleich
mäßige, sollen das gleich- oder ungleichstufige und bestimmte geographische Er
scheinungen charakterisierende Nuancen sein? Bei letzterer Deutung ist aber er
wiesenermaßen ein wohlüberlegter Wechsel von Farben, ob sie nun direkt den
Spektralfarben entsprechen oder in einem gewissen Gegensatz zueinander stehen
oder den Ostwald sehen Farbenkreisen entlehnt sind, gar wohl am Platze. 3 Man darf
hierhergehörige Farbengesetze nicht zu sehr auf Verwendungsbereiche spezifizieren,
wo sie allgemeinere Anwendung gestatten. Es ist auch hier wie bei jeder geographisch
wissenschaftlichen Aufgabe von Fall zu Fall zu wägen und zu entscheiden.
Unstreitig gibt das Spektrum einen guten Anhalt für die Farbenwahl, ganz
gleich, ob es sich um die Stufenfolge einer einzelnen Erscheinung handelt oder um
die geschichtliche oder von sonst einem Prinzip abgestimmte Wertskala verschiedener
aber innerlich verwandter Phänomene. Die Sonne hat uns die Folge der Spektral
farben gelehrt, die von den wenig brechbaren angerechnet: rot, orange, gelb, grün,
blau, indigo und violett sind. Bei der Stufenfolge auf Karten ist es keine Seltenheit,
daß das Rot dem Violett angereiht wird. Das hat seine ästhetischen wie didaktischen
Gründe, neigt doch ein stark mit Rot gedrängtes Violett schon bedeutend zum Rot
hinüber, das durch die Drachenblut-Nuance erreicht wird. Das gelegentliche Vor
kommen von kleinen Abweichungen in der Praxis kann die Grundidee der Aufeinander
folge der Spektralfarben nicht verwischen. Daß in der Reihe der Spektralfarben
auch ein wesentlich plastisches Moment für die Herstellung von Terrainkarten
steckt, hat K. Peucker ausführlicher gezeigt.
Für die Veranschaulichung des Salzgehaltes an der Oberfläche des nord-
atlantischen Ozeans wandte 0. Krümmel zuerst die Spektralfarben an. 4 Er tuschte
gelb die Oberfläche unter 32 0 / 0 o> hellgelb 82—83°/ 00 , grün 33—34 0 / 0 o> hellblau 34—35°/ 00 ,
blau 35—Sö 0 /^, violett 36—37°/ 00 und rot 37°/ 0 o un d mehr. Die gleiche Farben
folge verwandte G. Schott bei seiner Karte des Salzgehaltes an der Oberfläche des
südatlantischen Ozeans. 5 Als er aber seine Karte von der Verteilung des Salzgehaltes
im Oberflächenwasser der Ozeane entwarf, glaubte er von den Spektralfarben ab
gehen zu müssen und kolorierte unter I0°/ O o Salzgehalt blau, 10—20°/oo grün,
20—80°/^ gelb, dagegen zerlegte er den Salzgehalt von 30°/ O o bis über 40°/oo 111
11 braune Stufen. Eine Logik spricht sich hier insofern aus, als doch die Salzgehalts
stufen von 10 zu 10°/ 00 bestimmte unterschiedliche Farben erhalten haben und die
1 So auf C. v. Sonklars Karte der Zillerthaler Alpen. 1 : 144000. P. M., Ergh. 32. 1872, T. 3.
2 E. Friedrich, a. a. O., S. 18.
3 E. Friedrich lenkt selbst ein wenig ein durch eine Anmerkung zu S. 19, a. a. O., wo es
heißt, daß man bei der Verwendung verschiedener Farben die einzelnen in der Skala durch Zahlen
begrenzten Wertstufen leichter herausfindet als bei einer Nuancendarstellung.
4 O. Krümmel i. P. M. 1890, T. 13.
6 G. Schott i. P. M., Ergh. 109, 1893, T. 2.