Anhang.
Die Kriegskartographie.
I. Die Kriegskarten im allgemeinen und beim Ausbruch des Krieges.
298. Allgemeine Vorbemerkungen. Vieles von dem, was die Kriegskartographie
angeht, habe ich im Laufe meiner Forschungen und Untersuchungen berührt; und
so erscheint dieser let zt e Hauptteil hie und da als eine Wiederholung der Hauptgrund -
züge, die sich in der gesamten Kartenwissenschaft, sofern die moderne Karte berück
sichtigt wurde, kundgeben. Bewußt habe ich ihn als „Anhang“ ausgeschieden und
ihm dadurch eine Sonderstellung eingeräumt. Denn zum Verständnis der Karten
wissenschaft ist er unbedingt nicht notwendig, wohl eher erscheint er als eine will
kommene Ergänzung und Erweiterung. Außerdem ist die gesamte Kriegskartographie
eine so eigenartige Erscheinung in dem Ent wicklungsgang der Kartographie verschiedener
Länder, daß sie wert ist, auch in einem derartigen Werke wie dem vorliegenden für
alle Zukunft festgehalten zu werden. Schon heute scheint man vieles von ihr ver
gessen zu haben.
Als ich den endgültigen Plan zur „Kartenwissenschaft“ aufstellte, war es mir
klar, auch der Kriegskartographie zu gedenken, zumal kein anderer Geograph des
In- wie des Auslandes einen derartigen Einblick in das Kriegsvermessungswesen und
auch einen gewissen Einfluß auf die Entwicklung des Kriegskartenwesens wie ich
gewonnen hatte. Heute schon gehört das Kapitel der Kriegskarten, soweit sie im
letzten Weltkriege gebraucht und hergestellt wurden, der Geschichte an. Vieles hat
nur Bedeutung für seine Zeit gehabt, manches wirkt noch fort und wird auch für die
Zukunft nicht umsonst geschaffen sein. Der Einfluß auf die neue Staatstopographie
und -kartographie läßt sich ohne Zweifel erkennen.
Wir sind davon überzeugt, daß die „aktive Kriegs karte“ (s. S. 506) stets
ihre Bedeutung behalten wird, solange Kriege auf Erden geführt werden. Der Krieg
ist der Vater aller Dinge. Trotz aller Völkervereinbarungen und Friedensligen der
Gegenwart wird es immer wieder zu Kriegen kommen. Die Tatsachen sind stärker
als große und erhabene Worte. Den Drangsalen des Krieges will man entgehen, indem
man sich selbst wehrlos macht. Nichts irriger als das! Denn mehr als je „wird die
Staatsraison aller Länder von der Doktrin beherrscht, daß militärische Organisation
und Disziplin unentbehrliche und ausschlaggebende Machtfaktoren sind, von denen
die Superiorität der Völker abhängt“. 1 Dabei klingt es paradox und ist doch unbestreit
1 A. Kersting: Der Einfluß des Kriegswesens auf die Gesamtkultur. In: Die Kultur der
Gegenwart. IV. Teil. Die technisch. Wiss. 12. Bd. Technik des Kriegswesens, unter Redaktion
von M. Schwarte. Leipzig-Berlin 1913, S. 775.