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Die Kriegskartographie.
mentaires, wo in der Kammer am 5. September 1920 ausführlicher über den Service
géographique während des Krieges berichtet wird. Das ausführlichste über das fran
zösische Kriegskarten- und Kriegsvermessungswesen stammt nicht von einem Franzosen,
sondern von dem Dänen F. B. Münter. 1 Von den Russen kenne ich nur zwei, in großen
Zügen mehr handschriftlich wiedergegebene Dienstanweisungen über unsern Gegen
stand 1 2 , nicht ist mir bekannt, daß daselbst nach dem Kriege noch irgend etwas erschienen
wäre, w r as zuletzt auch natürlich ist, denn der Bolschewismus kann wohl Werte zer
stören aber keine Werte schaffen, ganz gleich, ob sie rein menschlicher und kultureller
oder technischer und wissenschaftlicher Art sind. Fber die Leistung der italienischen
Kartographie während des Weltkrieges berichtet die Jubiläumsschrift des Geo
graphischen militärischen Institutes 3 , und über amerikanische Veröffentlichungen
hinsichtlich kriegskartographischer Arbeiten orientiert recht gut die Abhandlung von
A. H. Brooks über den Nutzen der Geologie an der Westfront. 4
299. Deutsche Kartenausrüstung. Ohne Karte ist keine Kriegsführung denkbar.
Eine gute Karte ist der halbe Sieg. Diese hohe militärische Wertschätzung der Karte
geht erst auf wenige Jahrhunderte zurück. Je verwickelter und fein verästelter die
Kriegsoperationen wurden, desto mehr erscholl der Ruf nach guten Karten; und noch
nie hat man ihn stärker und eindringlicher vernommen als in dem letzten gewaltigen
Völkerringen. Mit der großartigen Entwicklung der technischen Hilfsmittel der Kriegs
führung ging die Entwicklung der Kriegskarte Hand in Hand, daß wir berechtigt sind,
von einer besondern ,,Kriegskartographie“ zu sprechen.
Nachdem im 18. Jahrhundert die Wichtigkeit guter Karten für ein Land und
dessen Kriegsführung endgültig erprobt tvorden war, wurde die Herstellung brauch
barer topographischer Karten das Privileg des Militärs. Doch auch diese Episode
in der Geschichte der topographischen Karte scheint ihrem Ende entgegenzugehen,
nachdem die modernen Forderungen, die Wirtschaft und Verkehr, Wissenschaft und
Technik an die Genauigkeit einer Karte stellen, durch die Generalstabskarten und
und Meßtischblätter nicht mehr erfüllt werden können. Neue einheitliche und groß-
maßstabige Grundkarten, etwa im Maßstab 1:5000, sind zu schaffen. Dazu gehören
jedoch andere Organisationen wie sie sich in unsern heutigen Landesaufnahmen dar
bieten. Doch davon ein andermal mehr. Bleiben wir bei den durch die verschiedenen
militärgeographischen und -kartographischen Institute hergestellten Karten stehen,
wie sie beim Anfänge des Krieges Vorlagen und als Kriegskarten benutzt wurden.
In Deutschland ist die eigentliche Kriegskarte die ,,Karte des Deutschen
Reiches“ in 1:100000, allgemeinhin als „Generalstabskarte“ bezeichnet. Die Karten
großem Maßstabes, wie die Meßtischblätter, kamen infolge des schnellen Hinaus-
legens der Hauptkriegsschauplätze außerhalb des Deutschen Reiches wenig in Frage;
1 F. B. Münter: Den topografiske Tjeneste i Frankrig under Krigen 1914/1918. Militaert
Tidsskrift. Heft 14 u. 15. Kopenhagen 1921. Münter stützt sich vorwiegend auf die Nachrichten,
die ihm Hauptmann Lemaitre gegeben hat, der während des Krieges Chef der Gruppe für Plan
schießen (G. C. T. A.) der 2. Armee (General Pétain) bei Verdun war.
2 Notizen für Kriegstopographie. (Russisch.) 1914. Verf. unbekannt. — Vorstand des topo
graphischen Korps: Das Korps der Kriegstopographen. (Russisch.) 1916/1917.
3 La cartografia ufficiale in Italia e l’Istituto geografico militare. Mit histor. Notizen
versehen von Attilio Mori. Rom 1922, S. 405—409.
4 Alfred H. Brooks: The use of geology of the western front. Departm. of the Inferior.
U. St. Geological Survey. Washington 1920.