Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die Kriegskartographie. 
Lallemand“ genannt, noch auffälliger, und die Höhen des alten Nivellements waren 
um rund 85 cm zu verkleinern; Winterbotham gibt 98 cm Differenz an, das scheint 
mir zuviel zu sein. 1 
Die belgischen Höhen mußten gegenüber dem französischen Nivellement général 
um rund 2,8 m vergrößert werden. Das belgische Nivellement geht zurück auf die 
,,Triangulation du Royaume du Pays-Bas“ vom Jahre 1822. Die Bearbeitung des 
belgischen Kartenmaterials wurde von uns erst spät vorgenommen; vor dem Kriege 
dachte man nicht daran, was neben anderrn ein beredtes Zeugnis dafür ist, daß deutscher 
seits an einen Krieg mit Belgien nicht gedacht worden war (s. auch S. 760). Die Eng 
länder hingegen hatten sich schon eingehender mit französisch-belgischen Nivellements 
anschlüssen beschäftigt; gegenüber den Höhen des Systems Lallemand waren die 
entsprechenden Werte der belgischen Brücken und Kunststraßen um 2,47 m und des 
belgischen Feinnivellements um 0,29 m zu vergrößern. 
Der französische Nullpunkt liegt um 0,809 m tiefer als der deutsche N. N. Beim 
deutsch-französischen Nivellementsanschluß gewinnt man die französische Höhe 
durch N. N. + 0,809 m. Die Höhe des russischen Landeshorizontes schwankt, sie 
beträgt im Mittel + 0,81 m; die russische Höhe gewinnt man demnach aus deutscher 
Höhe — 0,81 m. 
808. Die topographischen Grundlagen des Karteninaterials. Die neuen Kriegs- 
Karten. Waren bei der Benutzung der Karten allerhand Schwierigkeiten, die im mathe 
matischen Aufbau begründet lagen, zu überwinden, häuften sie sich verschiedenerorts 
in ungeahnter Weise, sobald die Karten zur Bearbeitung der Geländedarstellung heran 
gezogen wurden. Daß die Topographie der Balkanstaaten auf schwachen Füßen stand, 
ist ziemlich allgemein bekannt. In Mazedonien, wo nur die österreichische, auf tür 
kische und russische Originalaufnahmen beruhende Karte 1:200000 zur Verfügung 
stand, sind Situationsverschiebungen bis 8 km vorgenommen worden, und bis 1000 m 
schwankten die Höhenangaben zwischen tatsächlichen Höhen und Angaben der Karte. 
Daß aber auch viele französische Karten in der Topographie recht mangelhaft waren, 
sollte sich im Kriege erst erweisen. Gerade die Karte 1:80000, die in der Hauptsache 
zur Verfügung stand, zeigt recht erhebliche Fehler. Damit sage ich den Franzosen 
nichts Neues, sie wußten selbst, woran ihr Kartenmaterial krankte. In den „Notions 
sur de cartes“, den Heften der „Ecole d’Application de l’artillerie et du genie“ aus 
den Jahren 1904 und 1905 heißt es S. 81, daß die französische Karte 1:80000 an Deut 
lichkeit der Ausführung durch einige ausländische Karten, die später begonnen wurden, 
überholt sei; die Höhendarstellung nach à la vue-Aufnahme sei sehr einförmig und 
hebe die Höhenunterschiede der verschiedenen Gebiete nicht genug hervor. Darum 
setzte in vielen Gegenden eine fieberhaft rasche topographische Neuaufnahme ein, 
die sich bis etwa 3 km an die Front heranarbeitete, und die Topographie viel detaillierter 
brachte als die Plans directeurs in 1:20000, die vor allem auch die 5 m-Schichtlinie 
einführte, wie z. B. in der Champagne und im Argonnerwald. Wo man keine Original 
aufnahmen in 1:10000 besaß, war man auch französischerseits gezwungen, topographisch 
vollständig neu zu arbeiten, was auch in dem Artikel „La topographie en campagne“ 
zugegeben wird. 1 2 
1 H. S. L. Winterbotham, a. a. O., S. 202. 
2 La topographie en campagne. In d. Z. „La France militaire“. 1916, 12. Okt.
	        
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