Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die Kartenbearbeitung und Kartenneuaufnahme. 
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Der Stellungskrieg mit seinen verwickelten Erscheinungsfonnen und die Artillerie, 
die von Jahr zu Jahr ihr Ziel immer weiter steckte, verlangten großmaßstabige Karten, 
in denen die geringsten Bodenerhebungen und -bedeckungen zum Ausdruck kamen. 
,,Der monate-, oft jahrelang an ein und derselben Stelle im Boden festgewurzelte 
Stellungskampf erforderte eine Fülle bis ins kleinste genauer Karten“, mit diesen 
Worten leitet Oberstleutnant S. Boelcke, der Chef des Kriegs Vermessungswesens 
während der Jahre 1915 bis 1919, seine lesenswerte Schrift „KriegsVermessungen 
und ihre Lehren“ ein. 1 Bereits im Winter 1914/1915 wurden großmaßstabige Karten 
gewünscht. Aber erst im Frühjahr und Sommer 1915 konnte der Truppe durch die 
neu geschaffenen Vermessungsabteilungen das gewünschte Kartenmaterial geliefert 
werden. 
Da für manche Gegenden Frankreichs, insonderheit für die von den Deutschen 
besetzten Gebiete, nichts weiter vorlag als die Karte 1:80000, mußte diese zunächst 
für die Gewinnung großmaßstabiger Karten vergrößert und mit Hilfe flüchtiger topo 
graphischer Aufnahmen und Fliegerbilderkundungen verbessert werden. Diese Ver 
größerungen in 1:25000 und 1:10000 waren nur ein augenblicklicher Notbehelf. Sie 
wurden teilweise in Schraffen ausgeführt, weil die Führer noch zu sehr an diese Gelände 
darstellung gewohnt waren. 
Die Engländer waren gleichfalls in verschiedenen Gegenden auf die Vergrößerung 
der Karte 1:80000 angewiesen. Die an Belgien anschließenden französischen Gebiete 
wurden von den Engländern bereits vor dem Kriege kartographisch bearbeitet. Die 
Karten 1:80000 wurden in England in Hochformat gedruckt, jedoch mit im Druck leichter 
gehaltenen Schraffen und darüber gelegten braunen Schichtlinien, die zu Konstruktion 
der Schraffenanlagen der ursprünglichen Karte gedient hatten. Bei diesen Vorarbeiten 
waren den Engländern die französischen Originalaufnahmen in 1:40000 und 1:20000 
zugänglich gewesen. Die Hauptblätter der englischen Umarbeitung der Karten 1: 40000 
und 1:20000 von Nordfrankreich wurden 1915 herausgegeben, während die Karte in 
1:10000, die lediglich eine Vergrößerung der Karte 1:20000 ist, erst 1917 zu erscheinen 
begann. 
Die englischen Karten in 1:40000 sind insofern bemerkenswert, als sie, wenigstens 
die ältern, noch das „Compilation diagram“ oder, wie ich es für die deutschen Karten 
bezeichnet habe, das „Verläßlichkeitsdiagramm“ 1 2 enthalten, worin auf einem 
stark verkleinerten Karten- bzw. Gitternetzbild graphisch veranschaulicht wird, auf 
welchem Original sich die Teilgebiete des Kartenblattes aufbauen. Wir erkennen, 
daß die Sektionen nur weniges nach der „revised french map“ enthalten, das meiste 
nach den „Plan directeurs“ und „enlarged frorn 1:80000“. Das englische Blatt 57B 
in 1:40000 enthält bloß in der äußersten Nordostecke ein kleines Gebiet nach dem 
Plan directeur; dagegen ist der große übrige Kartenteil, der Cambrai und La Cateau 
umfaßt, nach der Karte 1:80000 vergrößert; ähnlichen Kartenblättern begegnen 
wir noch einigemal, und da wird von Hinks den deutschen Karten gegenüber wieder 
holt der Vorwurf erhoben, daß sie in der Hauptsache weiter nichts als Vergrößerungen 
der französischen Karte 1:80000 seien, und Winterbotham urteilt selbst von den 
eigenen Vergrößerungen: „These sheets were most valuable and continued in use for 
several rnonths.“ 3 Die Engländer hatten sich von 1916 ab ernsthaft bemüht, ihr Kampf 
1 S. Boelcke: Kriegsvermessungen u. ihre Lehren. Berlin 1920, S. 1. 
2 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft I, S. 238. 
3 H. 8. L. Winterbotham, a. a. O., S. 255.
	        
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