Die Kartenbearbeitung und Kartenneuaufnahme.
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Topographen. Auf den Karten werden durch Signaturen viererlei Punkte unterschieden:
trigonometrische, Polygon-, stereophotogrammetrische und zuletzt graphische oder
durch artilleristisches Meßgerät festgelegte Punkte.
305. Das topographische Aufnehmen im Felde. Daß je nach Zweck, Schnelligkeit
und Schwierigkeit der Aufnahme die verschiedensten Aufnahmegeräte und -methoden
angewandt wurden, bedarf keiner weitern Erörterung. Die besten Instrumente
waren eben da zur Hand, wo sie gebraucht wurden. Wo es angängig war, wurde selbst
mit dem Heliographen gearbeitet. Den Kunstgriff, von den in Feindesnähe zu be
stimmenden Stellen aus Raketen senkrecht aufwärts abzufeuern und diese dann von
feuersichern Stellen aus anzuschneiden, haben Engländer und Franzosen von uns
übernommen. Das Rückwärtseinschneiden, von dem die Engländer so ein Aufhebens als
von etwas ganz Neuem im Kriegsvermessungswesen machen, war für uns etwas Selbst
verständliches. Nach Winterbotham sollen die Franzosen über die gleiche Sache einige
Broschüren veröffentlicht haben. 1 Bis jetzt ist mir wenig davon zu Gesicht gekommen;
zunächst die „Instruction sur Porganisation du tir“ vom Mai 1903, worin es heißt,
daß das trigonometrische Kleinnetz auch durch graphischen Rückwärtseinschnitt
mit Hilfe der Kippregel gewonnen werden kann.
Die topographische Aufnahme wurde bis auf 2 km zum vordersten Kampfgraben
vorgeschoben, in einzelnen Zipfeln reichte sie bis an diese heran. Hierbei kam ihr
der von Pulferich erfundene Streckenmeßtheodolit des Zeisswerks in Jena sehr zustatten.
Trotzdem müssen wir feststellen, daß ein solch feinstes Gerät nicht auf den Kriegs
schauplatz gehört, für dessen Zwecke im großen und ganzen das Meßband und der
Reichenbachsche Distanzmesser ausreichen. In der Regel wurde mit Meßtisch (Kipp
regel) wie mit Tachymeter aufgenommen, mit dem Meßtisch hauptsächlich in 1:25 000,
mit dem Tachymeter in 1:10000 und noch größerm Maßstabe. Später wurde für
1:10000 in rückwärtigem Gelände auch der Meßtisch gebraucht. Nach meinen Er
fahrungen und Beobachtungen muß ich den tachymetrisclien Arbeiten für künftige topo
graphische Aufnahmen ein günstigeres Prognostikon als dem Meßtischver fahren ausstellen.
Auch kann man sich mit dem Tachymeter (Schnellmesser) viel unauffälliger an den
Feind heranarbeiten. Die Kleinaufnahme mittels Tachymeter wußten die Franzosen
ebenso wie wir bereits vor dem Kriege zu schätzen. In den oben erwähnten „Notions sur
les cartes“ wird S. 167 von der Punktbestimmung durch Tachymeter gesprochen.
Den gewandten Topographen der Landesaufnahme war es ein leichtes, in 1:25000
aufzunehmen, als jedoch das Vermessungspersonal wegen der weiter rückwärts gelegenen
und schnell auszuführenden Arbeiten durch Landmesser und Vermessungstechniker
erheblich vermehrt werden mußte, war es schwer für die neuen Leute in 1:25000 zu
arbeiten, dagegen wesentlich leichter in 1:10000. Später ließ ich im allgemeinen nur
in diesem Maßstab aufnehmen, an den sich die Landestopographen auch erst gewöhnen
mußten. In speziellen Fällen wurde in 1:2000 (Schützengrabenaufnahmen), in
1:2500 und 1:5000 aufgenommen. Letztem Maßstab bevorzugten die bayerischen
Topographen, die gute Arbeit leisteten, aber selbstredend nicht so schnell wie die
Topographen in 1:10000 vorankamen.
Mit Kippregel und Tachymeter wurden im Maßstab 1:25000 auf 1 qkm 30 bis
35 Punkte gemessen und zur Aufnahme verwandt, in bergigem und unübersichtlichem
1 H. S. L. Winterbotham, a. a. O., S. 269.
Eckert, Karten Wissenschaft. II.
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