Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die Kriegskartographie. 
Gelände 50 Punkte und mehr. Im Maßstab 1:10000 wurden doppelt soviel Punkte 
aufgenommen, also auf 1 qkm durchschnittlich bei einfachem Gelände 70 und bei 
unübersichtlichem Gelände 150 Punkte. Ein gewandter Topograph nahm in 1:25000 
täglich rund 1 qkm auf, in 1:10000 rund 3 / 4 qkm. Bei diesem Maßstab wurde gleich 
falls eine Tagesleistung von 1 qkm angestrebt, ist aber meines Wissens von keinem 
Aufnehmer erreicht worden. Bei unserer Heimataufnahme (Mitteldeutschland) werden 
zu einer Flächenminute = 210 ha — also reichlich 2 qkm — durchschnittlich 4 1 / 2 Tag 
gebraucht. 
Von dem Aufnehmen mit Magnetnadelinstrumenten wurde wenig Gebrauch 
gemacht, höchstens in der vordersten Kampfzone. Der Wert dieser Messungen steht 
weit hintan gegen den der Messungen mit Theodolith und Phototheodolit, auch leidet 
dies Verfahren in den stark eisenhaltigen Gebieten der Front. Mißlich war, sie unter 
Umständen zu lang zu strecken, ehe der Anschluß an sichere Punkte erzielt wurde. 
306. Die FliCgerbildaufnahmen. Wie die Fliegerbildaufnahmen zur Karten 
herstellung benutzt wurden, habe ich in dem eingangs erwähnten Aufsatz in der Geo 
graphischen Zeitschrift 1921 nachgewiesen, besonders ausführlich auch im ersten 
Band meiner Kartenwissenschaft; und was ich daselbst über das Lichtbild in der Karten 
aufnahme gesagt habe, bleibt trotz vieler Fortschritte auf diesem Gebiete heute noch 
voll und ganz bestehen und hat vielfach Bestätigung von anderer Seite gefunden. Auch 
hatte ich da bereits vor übertriebenen Erwartungen gewarnt. Die verschiedensten 
Aufnahmemethoden, insonderheit die neuesten, sind im Felde herangezogen worden, 
wenn es sich darum handelte, möglichst schnell und gut den Truppen brauchbares 
Kartenmaterial in die Hände zu liefern. Da war selbst nur die beste Methode gut genug. 
Wir waren gerade im Begriff, das Cranz-Hugershoffsche und das verwandte Stutt 
garter (T. Fischer-) Aufnahmeverfahren der Kriegskartographie dienstbar zu machen, 
als der Krieg seinem Ende entgegenging. Dem Kriegsvermessungswesen den Vorwurf 
des Experimentierens mit allerhand Aufnahmemethoden zu machen, wie es von gewisser 
deutscher Seite aus geschehen ist, halte ich für unangebracht. Das Neue mußte erprobt 
und das Beste behalten werden; würde das nicht der Fall gewesen sein, dann hätte 
man sicher dem Kriegsvermessungswesen das Rückschrittliche, den Gebrauch vor 
sintflutlicher Methoden vorgeworfen, und das mit Recht! Gerade durch das Kriegs 
vermessungswesen sind die neuen Aufnahmeverfahren in kurzer Frist entwickelt und 
geklärt worden, wozu sonst in Friedenszeiten Dezennien gehört hätten, und man wolle 
ja nicht übersehen, daß einzig und allein die neuen Aufnahmemethoden die Gelegenheit 
boten, weit in das vom Feinde besetzte Gelände hineinzuarbeiten. Das war für die 
Kriegskarten ein ausschlaggebender Faktor. 
Bei der Kartenherstellung durch die Luftbildaufnahmen haben wir es fast aus 
schließlich mit Fliegerbildern zu tun. Auch auf gegnerischer Seite waren die Flieger 
aufnahmen recht gut, in den senkrechten Aufnahmen scheinen uns die Franzosen 
sogar vorangeeilt zu sein, sie wurden jedoch in kurzer Zeit durch die deutschen, ins 
besondere durch die Reihenbildaufnahmen übertroffen. Auch hier zeigte es sich, daß 
Deutschland bei seiner innigen Verbindung von Wissenschaft und Technik an der 
Spitze der optischen Industrie der ganzen Welt marschiert. 
Handelte es sich zunächst darum, durch das Fliegerbild die Lage (kriegerische 
Maßnahmen) beim Feinde aufzuklären, wurde es außerdem bald dazu benutzt, das 
Kartenmaterial zu verbessern, denn das von den Gebieten des Gegners bereits
	        
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