Das Koordinatennetz. (Das Gitternetz.)
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entwickelt, um dessen Ausbildung, wie es in Ludendorffs Kriegserinnerungen heißt,
sich Major a. D. Pulkowski große Verdienste erworben hat. Über dies neue Ver
fahren selbst schreibt Ludendorff: „Es mußte daher ein Verfahren gefunden werden,
das diesen Verhältnissen Rechnung trug und der Artillerie ohne vorheriges Einschießen
ausgiebige Wirkung sicherte. Wir hatten schon in den Abwehrschlachten uns bemüht,
das fortwährende Nachprüfen der Lage des Sperrfeuers entbehrlich zu machen. Die
Tageseinflüsse (Wind, Luftgewicht) sow r ie die besondern Einflüsse der Geschütze (Größe
der Verbrennungsräume und sonstiger Zustand von Rohr und Lafette) wurden dauernd
ermittelt und beim Schießen verwertet. Dies Verfahren bauten wir jetzt auf das sorg
fältigste aus. Der artilleristische Wetterdienst wurde einheitlich im Verein mit dem
kommandierenden General der Luftstreitkräfte geregelt. Allen Batterien konnten
so schnellstens die Tageseinflüsse zugehen. Sämtliche Geschütze erschossen hinter
der Front ihre besondern Einflüsse. So war es möglich, mit Hilfe einfacher Tabellen
für jedes Geschütz jederzeit zu ermitteln, wieviel Mehr- oder Minderbedarf es gegenüber
der normalen Erhöhung für ein beliebiges Ziel bedurfte. Voraussetzung war natürlich
hierfür, daß die Entfernungen zu den Zielen einwandfrei gemessen wurden. Fehler
freies Planmaterial sowie die trigonometrische und topographische Festlegung aller
Batterienullpunkte im Gelände und eine möglichst richtige Eintragung aller Ziele
in die Pläne auf Grund der Bilderkundung und der Ergebnisse der Schall- und Licht
meßtrupps waren Vorbedingung. Alles das war eine gewaltige Arbeit. Das neue Ver
fahren stieß namentlich bei alten Artilleristen auf starken Widerspruch. Trotzdem
mußte es angew^endet werden und hat sich voll bewährt.“ 1
Das artilleristische Meßwesen und die neuen Schieß verfahren bildeten die
Voraussetzung für die Taktik der deutschen Artillerie in den Durchbruchschlachten
des Weltkrieges, der G. Bruchmüller ein eigenes Buch gewidmet hat. 2 Wie aber
auch nicht rein militärische Fachleute an den großen Problemen Weiterarbeiten, be
zeugen insonderheit die Bemühungen von Kurt Pannke. Die zahlreichen Faktoren,
die das praktische Schießen gegenüber dem einfachen Verfahren des Kartenschießens
störend beeinflussen, lassen sich im wesentlichen in drei Gruppen zerlegen: Erstens
in die Einflüsse des Geländes, die einmal in der verschiedenen Lage der einzelnen
Geschützpunkte (Staffelungsbeträge) hinsichtlich der Entfernung und Richtung, und
ein anderes Mal in den Höhenunterschieden zwischen dem einzelnen Geschütz und
dem Ziel begründet sind, zweitens in die Einflüsse des Materials, also der Geschütze
(Rohr- und Lafettengüte), des Pulvers (Menge, Ladung, Temperatur, Salzvorlagen)
und der Geschosse (Gewicht und Form), und drittens in die Einflüsse der Atmo
sphäre, die sich im Wind nach Stärke und Richtung, im Luftgewicht (Temperatur
und Barometerstand) und in den Niederschlägen äußern. All dieser leidigen Faktoren
Herr zu werden, und zwar auf rein mechanischem Wege mit Ausschaltung zeitraubender
und umständlicher Berechnungen ist das Ziel von Pannke 3 ; und ich glaube, er hat
es auch erreicht.
1 Erich Ludendorff: Meine Kriegserinnerungen 1914 1918. 4. Aufl. Berlin 1919, S. 464.
2 G. Bruchmüller: Die deutsche Artillerie in den Durchbruchschlachten des Weltkrieges.
2. Aufl. Berlin 1922.
3 K. Pannke: Rechenvorrichtung zur Ausschaltung der Witterungs-, Geschütz- und Munitions
einflüsse. D. R. Patentschrift Nr. 314845. Kl. 72 f. Gruppe 15. Ausgegeben am 17. Oktober 1919. —
Batterieplan—Rechenmaschine. D. R. Patentschrift Nr. 307680, Kl. 72 f., Gruppe 15. Ausgegeben
am 2. Jan. 1920. — Rechenvorrichtung zur Ausschaltung der störenden Einflüsse beim Schießen.
D. R. Patentschrift Nr. 325377, Kl. 72 f., Gruppe 15. Ausgegeben am 16. Sept. 1920.
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