Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die Kriegskartographie. 
IV. Die Kriegskarten. 
314. Allgemeine Grundzüge der neuen Kriegskarten. Fast alle Kartenarten, die 
die moderne Kartographie herstellt, waren unter den Kriegskarten vertreten. Sie 
wurden während des Krieges teils im Kriegsgelände teils in der Heimat hergestellt. 
Den vornehmsten Platz nahmen zunächst die verschiedenen topographischen 
Karten ein. Karten ohne Terrain sind für kriegerische Operationen zwecklos.. Nur 
auf Fliegerkarten konnte man gegebenenfalls das Terrain missen. 
Auf den Karten 1:80000, 1:100000 und verwandten Maßstäben erschien das 
Terrain in Sclnaffenmanier, das bereits im Frieden mit großer Mühe und vielen Kosten 
ausgearbeitet worden war. Nur die Engländer hatten auf der für Belgien vorbereiteten 
Kriegskarte von vornherein Schichtlinienzeichnung, wobei man beachten muß, daß 
die Karte erst ein Unternehmen jüngern Datums ist. Wie schon erwähnt, sollte 
die neue deutsche Karte von Nordostfrankreich und Belgien in 1:100000 gleichfalls 
in braunen Schichtlinien liergestellt werden. 
Für eine eingehende und wissenschaftliche Schraffendarstellung waren im Kriegs- 
gelände weder Zeit noch die notwendigsten Arbeitskräfte vorhanden. Die Schicht- 
liniendai Stellung war das Gegebene, besonders bei den großen Maßstäben 1:25000, 
1:10000, 1:5000. Ist das Gelände mäßig bewegt, leidet die Übersichtlichkeit des 
Geländes selbst bei Einfügung der Schichtlinien von 5 m Abstand und kleinern Ab 
ständen. Diesem Übelstand begegnete man in einigen wenigen Fällen durch Ein 
zeichnung von Hilfsschichtlinien oder durch die Schummerung. Die geschummerte 
Karte war bei der Truppe sehr beliebt; indes war es nicht möglich, eine Schummerung, 
die eine wissenschaftlich ausgeführte Schraffur ersetzen konnte, in kurzer Zeit all 
gemein einzuführen. Bei verschiedenen Armeen war man schon zufrieden, die Karten 
1 : 50000 mit einem grauen Schummerton, schräg beleuchtet, herausgeben zu können. 
Schnelle und leichte Orientierung ist ein Haupterfordernis der Kriegskarte. Man 
muß die Verteilung von Höhen und Tiefen in bezug auf deren Wert für militärische 
Operationen schnell überblicken können. 1 Mithin kommt es auf eine gute und sinn 
fällige Terraindarstellung an, oder wie Christ, v. Steeb schon 1901 sagte: „Durch 
welche Mittel die Terraindarstellung in Kriegskarten auch immer geschieht, soll sie 
jedenfalls ein rasch aufzufassendes, sprechendes Bild der Bodengestaltung im all 
gemeinen geben, die Größe der Böschungen soweit beurteilen lassen, als die Ver 
wendung der Truppen im großen dadurch beeinflußt wird.“ 2 Die reine Isohypsen 
manier kann dies nicht immer leisten. Darum hatte ich versucht, die Höhen auf der 
Schichtlinienkarte 1 :25000 noch besonders in Scliraffen herauszuarbeiten, eine 
Methode, die die Truppenführer sehr zu schätzen wußten. 
Dadurch, daß das Gelände in braunen oder rotbraunen oder grauen Schichtlinien 
erschien, wurde der Kartendruck um eine Platte vermehrt. Über die Vorzüge der 
Karten mit besondern Geländeton läßt sich kaum noch streiten. Ähnlich wie auf 
deutschen Karten wurde das Gelände auf französischen und englischen dargestellt. 
Karten, auf denen das Gelände in der gleichen Farbe wie die Situation erschien, wie 
z. B. auf verschiedenen Argonnenkarten, verloren an Übersichtlichkeit und damit an 
Gebrauchsfähigkeit. 
1 Damit vgl. den immer noch lesenswerten Aufsatz von Otto Frank: Das Gerippe in Kriegs 
karten. Mitt. d. k. k. milit.-geogr.j Inst. XXVI. 1906. Wien 1907, S. 145—171. 
2 Chr. v. Steeb: Die Kriegskarten. Mitt. des k. k. mil.-geogr. Inst. XX. Wien 1901, S. 144.
	        
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