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Die Kriegskartographie.
Hilfe der Farbenplastik von K. Peucker geschehen. Leider hatte man vor dem
Kriege zu wenig Karten nach diesem System und das Wenige war auch nur wenigen
Fachleuten bekannt. Als ich an der Front die ersten Anstrengungen zur Berücksich
tigung des Peucker sehen Systems machte, ging der Krieg zu Ende. Im ersten Band
der Kartenwissenschaft habe ich bereits zum Ausdruck gebracht, daß die farben
plastische Karte in 1:25000 die Militärkarte der Zukunft ist. 1
31(>. Die Höhenhezeichiiung. Auffällig ist die karge Bezeichnung von Höhen auf
den französischen Karten. Da mußte von deutscher Seite aus erheblich nachgeholfen
werden, was sich für die Orientierung der Truppe wie für taktische Maßnahmen aus
gezeichnet bewährt hat. Lesen wir auf den deutschen Karten von Fichtelberg, Keil
berg, Hochwald, Bolandseck, Drachenfels, Luginsland, wissen wir gleich, welche
Divisionen bzw. Regimenter längere Zeit daselbst gelegen haben, die den Höhen die
Namen gaben. Andere Hohen erhielten ihre Namen nach berühmten Heerführern,
so nach Hindenburg, Ludendorff, Kluck, Einem usw. An hervorragende Arnreechefs
erinnern die Loßberg-, Oldershausen-, Klewitz-Höhen. Selbst die Landesaufnahme
und das Kriegsvermessungswesen spiegelt sich in den Höhen-Namen wieder, wie in
Bertrab-, Bölcke-, Friedhöhe in den Argonnen, Eckerthöhe und Hornberg bei Terron.
Die verschiedensten deutschen Städte halfen zur Höhenbezeichnung, wie Berlin,
Hamburg, Leipzig, Dresden, München, Düsseldorf, Köln, Koblenz. Viele originelle
und drastische Bezeichnungen finden wir unter den Bergnamen, wie Lafettenschwanz,
Haubitzberg, Nashorn, Kanonenberg u. v. a. m. All die Namen wurden durch Armee
befehl in die Karten gesetzt.
Die Namengebung ist gewiß kein uninteressantes Kapitel in der Kriegsgeschichte
und wäre einer besondern Arbeit wert. Allein in dem Armeegebiet, dem ich zugeteilt
war, waren über 3000 neue Bezeichnungen geschaffen worden, einschließlich der für
Wälder, Täler, Lager, Straßenzüge. Da gab es z. B. eine „Russenstraße“, von russi
schen Gefangenen gebaut. Dem berühmten Straßenkreuz „Mazagran“, etwa 12 km
westlich von Vouziers, wo 6 Chausseen auseinanderstreben, hatten die Flieger den
treffenden Namen „die Spinne“ gegeben. Um sich unter den vielen Neubezeichnungen
zurechtzufinden, hatte ich auf Grundlage des Gitternetzes ein besonderes alpha
betisches Register zusammengestellt und durch Druck vervielfältigen lassen. Die
ersten Namen wurden wohl den Wäldern gegeben. Da die Wälder bei dem sich im
Winter 1914/15 entwickelnden Stellungskrieg eine große Rolle spielten und die Cham
pagne mit unzähligen Waldstückchen übersät ist, brachte ich schon im Oktober 1914
den Vorschlag ein, die Wälder zu benennen. Von den von mir damals an der Front
festgesetzten Bezeichnungen haben sich viele den ganzen Krieg hindurch gehalten,
z. B. der Zickzackwald, das Turko-, das Jahnwäldchen im S von Ripont und einige
andere mehr.
317. Die Mittel zur Feststellung der feindlichen Anlagen. Das Material zur karto
graphischen Fixierung der feindlichen Anlagen wurde auf verschiedene Weise ge
wonnen. Abgesehen von den Gefangenenaussagen, Beutekarten und sonstigen
Erkundungen waren es die Flieger, die über den Stand der Anlagen guten Auf
schluß gaben. Die Ballonbeobachtungen halfen in dieser Richtung mit aufklären.
1 M. Eckert: Die Kartenwissenschaft. I. S. 637. — Vgl. ferner: The militarv engineer 1923.
Sept./Okt. Heft 83. — Auch hier wird üb. eine rnilit. K. der Zukunft geschrieben.