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Die Kriegskartographie.
holter Auflage. In Verbindung mit dem Verkehrsnetz war die Karte von großer
Wichtigkeit geworden; sie zeigte auffällig, in welcher Gegend am meisten für die
Truppe wirtschaftlich gesorgt und in welcher notgedrungen noch zu sorgen war.
Eine Karte mit sieben Farbendruckplatten war die Eisen bahn karte in 1:80000,
auf der die doppel- und eingleisigen Vollbahnen, die Kleinbahnen, Förder- und Feld
bahnen mit Benzol- und Dampfbetrieb dargestellt wurden. Ferner wurde auf der
Karte 1:80000 Beschaffenheit und Breite der Verkehrsstraßen und neuester Stand
des Wegebaues gezeigt. Diese Karte wurde sogar für das feindliche Gebiet zu. kon
struieren versucht.
All die letztgenannten Karten erschienen nach einem Zeitraum von 2—8 Monaten
in Neuauflage, desgleichen die Automobil karten, auf denen die Straßen nach der
Verkehrsmöglichkeit für Last- und Personenverkehr bei trocknem und nassem Wetter
unterschieden wurden.
321. Die kriegsgeologische Karte. 1 Einige allgemeine Übersichtskarten, deren
geologisches Kolorit über die Karte 1:80000 gelegt war, lieferte zunächst die geo
logische Landesanstalt in Berlin. Die Herausgabe und der Druck spezieller geologischer
Karten blieb den Vermessungsabteilungen im Felde Vorbehalten. Unter den geo
logischen Karten, die sich teils auf vorhandenem geologischen Kartenmaterial auf-
bauten teils auf Neuaufnahmen stützten, erblickte man zuweilen dilettantische
Entwürfe; immerhin rangen sich die guten Arbeiten durch, die vor allem mehr auf
die kriegswirtschaftliche Seite ihr Schwergewicht legten. Stellungs- und Wasser
karten waren die vornehmsten Karten, die die Kriegsgeologie produzierte.
Auf der Stellungs karte wurde die geologische Schichtenfolge durch Farben
veranschaulicht; man fand darauf die Benennung der Gesteinsart, die Mächtigkeit,
Standfestigkeit, Bearbeitbarkeit, Verhalten gegen Wasser, Gräben und Stollen, d. h.
ob beide naß, verschlammt, gut, trocken oder feucht waren; als ein Übriges wurde
die Art der Entwässeung für Gräben wie für die Stollen angegeben.
Wie der Stellungsbau erhielt das Minieren (ein besonderer Zweig des Stellungs
baus) durch den Geologen erst die wünschenswerte sichere Grundlage. Wie da oft
gefehlt wurde, mag ein Beispiel von der Aisne zeigen, wo ohne Mitwirkung eines
Geologen ein Stollen im harten Kalkgestein unter großen Mühen vorgetrieben wurde.
Würde man sich geologischer Hilfe bedient haben, wäre der Stollen wenige Meter
tiefer in sandigem Material schneller hergestellt worden und auch sicherer, da das
harte Kalkgestein eine schützende Decke abgegeben hätte. ,,Plötzlicher Wechsel
der Bodenschichten, Verwerfungen, artesisch gespannte Wassermengen, alles Zu
fälligkeiten, die den Erfolg in Frage stellen konnten, ließen sich durch geologische
Beratung bisweilen vermeiden, Benutzung alter Bergwerksgänge, die vorher zu be
gutachten waren, vereinfachte das Minieren.“ 2 Die Grundwasserkarte hob die
Gebiete der wasserführenden Sande und Tone hervor, sodann die versumpften Fluß-
täler, wo kein Stellungsbau möglich war. Mit ihr hängt eng die Minier karte zu
sammen. Fast sämtliche geologisch! 1 Karten wurden im Maßstab 1:25000 hergestellt.
1 Über die kriegsgeologische K. u. ihre Entwicklung orientiert recht gut Alfred H. Brooks:
The use of geology on the western front. Department of the Interior. U. 8t. Geolog. Survey.
Washington 1920.
2 S. Boelcke: Kriegs Vermessungen u. ihre Lehren. Berlin 1920, 8. 18.