Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

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Die See- und Meerkarte. 
geht bei dem gleichen Anfang und dem gleichen Durchgang zwischen Korsika und 
Sardinien nicht mehr durch Mittelitalien; lediglich Kalabrien wird abgeschnitten, 
(triechenland wird nicht einmal berührt und das Festland etwa bei Port Said, also 
im Grenzgebiet zwischen Asien und Afrika, erreicht. Dies eine Beispiel zeigt schon, 
daß wir auch keinen orthodromen Verlauf der Bumben annehmen dürfen. Immerhin 
ist die Täuschung nicht so arg wie die mit den Loxodromen. 1 
Der Vergleich der Längsachse mit einer orthodromen Linie zeigt des weitern, 
daß, von der Mitte der Karte aus betrachtet, die westlichen und östlichen Gebiete 
in der Karte zu hoch liegen, was Breusing auch bemerkte und ihn zur Annahme einer 
konischen Projektion führte (s. oben). Als nun mit der Zeit die Angaben der Breiten 
auch für die Bumbenkarten als notwendig erachtet wurden, mußte sich die Lage der 
Mittelmeerküsten verbessern, was etwa von der Mitte des 16. Jahrhunderts ab geschah, 
wie aus den Bumbenkarten von Domingo Olives 1568 und Diego Homen 1569 hervor 
geht, und vielleicht am vollkommensten bei Bartholomaeus Crescentius 1596 be 
merkbar ist. 1 2 Hier sind tatsächlich die Längsachse des Kartenbildes und die andern 
Bumben zu orthodromischen Linien geworden. Indessen gehören die letztgenannten 
Karten schon nicht mehr dem reinen Typ der Bumbenkarten an (s. S. 11, 12). 
III. Die Seekartenprojektionen. 
20. Die Plattkarte. Eine der ältesten, wenn nicht die älteste Projektion liegt 
uns in der Plattkarte vor, die theoretisch wie praktisch auf Marinus, etwa 100 n. Chr., 
zurückführt. Sie hat sich aus dem Koordinatenkreuz der mittlern NS-Linie mit 
der mittlern WO-Linie im Kartenbild entwickelt. Der Mittelmeridian wurde in 
gleiche Breiten geteilt und der Mittelparallel im Verhältnis zur Länge der Breiten. 
Für die Karte des Marinus war der Mittelparallel der von Bhodus, der der Breite 
im Verhältnis von 4: 5 entspricht. Durch die Teilpunkte des Mittelparallels werden 
Senkrechte zum Meridian gezogen und durch die des Mittelmeridians Parallele zur 
Mittelbreite. Auf diese Weise entsteht ein oblonges oder rechteckiges Netz. Die 
Seiten der rechteckigen Maschen verhalten sich wie die Längengrade der Mittelbreite 
der Karte zum allgemeinen Breitengrad. Je nördlicher das abzubildende Gebiet 
liegt, um so schmäler, und je näher zum Äquator, um so breiter werden die Maschen, 
um zuletzt in das Bechteck am Äquator überzugehen. Das Bechteck wurde gebraucht 
zu Übersichtskarten der ganzen Welt, die aber vor 1500 kaum gezeichnet worden 
sind, denn erst mußte die „Linie“ auch wirklich vom Segler durchschnitten sein. 
In der Projektionslehre wird die Plattkarte als eine äquidistante Zylinder 
projektion oder eine Projektion mit längentreuen Meridianen angesehen. Die Erd 
kugel wird von der Mittelbreite des Zylinders berührt. 3 Sie fing erst im 16. Jahr 
hundert an, eine Bolle auf den Seekarten zu spielen. Früher wurde sie nur selten 
angewandt oder auch gar nicht, wie auf den typischen Bumbenkarten (S. 12). 
1 E. Steger, a. a. O., sagt S. 12: „Also auch Fiorini nimmt für die Seekarten eine Projektion 
mit gekrümmten Breitenparallelen und konvergierenden Meridianen an; aber Breusing läßt das Maß 
der Krümmung und Konvergenz durch die Veränderung der Deklination bedingt sein, nach Fiorini 
müßte es einen von vornherein bestimmten Wert haben.“ Damit hat Steger den Unterschied beider 
nicht einwandfrei getroffen; er hätte müssen unbedingt auf die Loxodrome und Orthodrome eingehen. 
2 A. E. v. Nordenskiöld: Periplus, T. XXXI. 
3 H. Wagner: Lehrbuch der Geogr. 10. Aufl. I. Teil. Hannover 1920, S. 206, 207.
	        
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