Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die Kriegskartogvaphie. 
Bildung nicht auskommt, daß ein Durchschnitts-Trigonometer der Landesaufnahme 
und ein Offizier das kaum leisten kann, was bei den Vermessungsarbeiten für die 
weittragenden Geschütze verlangt wird. Daß die Stellung dieser Landmesser, be 
sonders im Vergleich mit den Kriegsgeologen, eine weit gehobenere im Kriegsver- 
messungswesen sein mußte, will ich hier nur nebenbei andeuten. 1 Der Kriegs 
vermessungschef, Oberstleutnant Boelcke, ist deshalb von deutschen Landmessern 
angegriffen worden 2 , m. E. oft in einseitiger Weise, da die Frage doch nur aus der 
innern Organisation unseres ganzen Heerwesens heraus zu beurteilen ist. Vielfach 
wollte es mir, aber auch andern Fachleuten, so E. Wandhoff 3 , scheinen, als ob 
der Chef der Zentralstelle keinen genügenden Einfluß gehabt habe, d. h. einen nicht 
genügend hohen militärischen Bang bekleidete. An der Spitze des Fliegerwesens 
stand ein Generalleutnant, an der Spitze des Kriegsvermessungswesens ein Major. 
Wer militärische Verhältnisse einigermaßen kennt, weiß, was das zu bedeuten hat. 
Blickt man jetzt auf jene schweren und dennoch schönen Zeiten zurück, wo das 
Kriegsvermessungswesen sich gestaltete und betätigte, muß man über die Arbeits 
kraft des. Mannes staunen, der an der Spitze der Vermessungstruppen gestellt worden 
war und den die O. H. L. nicht mit einem so großen Stab von Mitarbeitern, wie z. B. 
den Chef fürs Flugwesen, ausgestattet hatte. Nicht ganz stimme ich mit dem Kriegs 
vermessungschef überein, wenn er sagt, daß der oberste Grundsatz im Kriegsver 
messungswesen heißen muß: ,,Das Soldatische voran und die reine Wissenschaft 
erst an zweiter Stelle.“ In der Erkenntnis, daß das Kriegsvermessungswesen in den 
Bahmen eines hart kämpfenden Heeres eingefügt war, handelte ich bewußt nach dem 
Grundsatz, daß Wissenschaft und Soldatisches im Kriegsvermessungswesen durchaus 
koordiniert sein müssen, keins durfte auf Kosten des andern leiden. Mit der Befolgung 
dieses Grundsatzes wurden bei meiner Abteilung und sicher auch bei andern die besten 
Erfolge erzielt und die kämpfende Truppe auf die beste Weise zufriedengestellt. 
(her die innere Organisation einer Vermessungsabteilung will ich mich nicht 
verbreiten. 4 Die einzelnen Abteilungen assimilierten sich allmählich, nicht bloß auf 
deutscher, sondern auch auf französischer und englischer Seite. Am Schluß des Krieges 
verfügten wir deutscherseits über '29 Abteilungen. Hier und da waren den Vermes 
sungsabteilungen im Winter 1914/15 bereits kleinere Vermessungstrupps voran 
gegangen. Fast zu gleicher Zeit setzten auf gegnerischer Seite die ähnlichen Ein 
richtungen ein, bei den Franzosen ,,les brigades du service géographique“ und bei 
den Engländern die ,,field survey battalions“. So umfangreich und schaffensgewaltig 
wie die deutsche hat sich das gesamte gegnerische Kriegsvermessungswesen nicht 
1 Wie die Landmesser künftig auszubilden sind, darüber vgl. M. Eckert: Meine Erfahrungen 
als Geograph im Kriegsvermessungs- u, Kriegskarten wesen. Kartogr. Z., hg. v. K. Peucker. X. 
Wien 1922, S. 8 u. 9. 
2 Hauptsächlich von E. Harbert: Geltung der Fachwissenschaft im Kriegsvermessungswesen 
u. ihre Wirkung. Z. f. Vermessungswesen. XLVIII. 1919, S. 193 ff. 
3 E. Wandhoff: Üb. d. Kriegsvermessungswesen. S.-A. aus „Mitt. aus dem Markscheide 
wesen“. 1918, S. 4. 
4 Man vgl. hierüber die einschlägigen Schriften von Boelcke, Winterbotham und Münter. — 
Zu diesen Schriften möcht ich noch zwei beifügen, die als Geheimschriften vom Grand Quartier 
Général des Armées, unterzeichnet von J. Joffre, herausgegeben waren: Instruction sur l’organisation 
et les attributions des groupes de canevas de tir des armées. (G. C. T. A.) Paris 1915. — Instruction 
sur l'organisation et le fonctionnement des sections topographiques de corps d’armée. (S. F. C. A.) 
Paris 1915.
	        
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