Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

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Die Kriegskartographie. 
von großen Gesichtspunkten geleitet sein, wie noch während des Krieges schon der 
Feldzeugmeister Frank zum Ausdruck brachte. 
Erfreulicherweise sind viele Anregungen auf fruchtbaren Boden gefallen. Im 
Reichsamt für Landesaufnahme sind bereits die Grundlinien für eine Topographische 
Grundkarte des Deutschen Reichs in 1:5000 festgelegt worden. Leider kann 
nur langsam an ihre Bearbeitung herangegangen werden. Deren Tempo wird sich 
erst beschleunigen, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse Deutschlands auf einer 
andern Höhe wie heutigestags stehen. Daß sich die einzelnen Kartenblätter, die in 
der Darstellungsfläche 40 X 40 cm, also 4 qkm umfassen, nach dem neuen Gauss- 
Krügersehen Koordinatensystem richten, mag besonders betont werden (s. weiter 
unten). Auch das Kartenwesen der andern Länder, namentlich dasjenige Frankreichs, 
hat durch das Kriegskartenwesen neue Impulse erhalten. Hier baut man direkt auf 
den Erfahrungen im Kriege weiter. Wie aus den Parlaments-Dokumenten hervor 
geht, ist man um die Bewilligung von Mitteln nicht verlegen. Vor allem gilt es die 
Herausgabe der buntfarbigen Karte 1:50000, deren Druckplatten geschickt reduziert 
sind, zu beschleunigen. Die Weltkarte in 1:1000000 herauszugeben, haben die 
Engländer nach dem Kriege als ihr Recht usurpiert. 1 
Die Erkenntnis von dem Werte der Gauss-Krügersehen Koordinaten ist durch 
den Krieg so recht Gemeingut der Fachleute geworden. 2 Sie kommt vorzugsweise 
der Landesaufnahme zugute. Die Einführung des neuen Koordinatensystems in die 
Meßtischblätter und die topographische Grundkarte (s. oben) bedeutet einen großen 
Fortschritt, insofern sämtliche 40 bei der preußischen Katastervermessung in An 
wendung stehenden Koordinatensysteme auf 6, auf die Bedürfnisse der genauesten 
Grundstücksvermessung Rücksicht nehmenden Teilsysteme beschränkt und sämtliche 
trigonometrische Punkte der Landesaufnahme in rechtwinkligen Koordinaten aus 
gedrückt werden, die für Einzelmessungen und die Kartographie (einschließlich des 
artilleristischen Planmaterials) unmittelbar zu verwerten sind. Außerdem erübrigt 
sich die Umrechnung aus geographischen Koordinaten. Bisher werden in der Landes 
aufnahme rechtwinklig ebene Koordinaten nur zu Ausgleichungszwecken berechnet. 
Für die Einzelvermessungen und die Kartographie waren sie belanglos. Schließlich 
sei hier noch erwähnt, daß die Gauss sehen Koordinaten in Deutschland längst schon 
als die besten erkannt und bei Neueinrichtungen von Landesvermessungen, wie in 
Mecklenburg, Anhalt-Dessau, den Kolonien, auch in außerdeutschen Ländern an 
gewandt wurden. 3 
Ergänzend zu meinen frühem Mitteilungen hebe ich hervor, daß das Koordinaten 
system von Gauss-Krüger für die deutschen Kartenwerke nach den Vorschlägen von 
G. A. Baumgart übernommen worden ist; aber anstatt der Ferrozählung 4 , die erst 
vorgesehen war, wird bei den neuen und neu bearbeiteten Blättern nach Greenwich 
orientiert. Auch die Bezeichnung hzw. Numerierung der Blätter richtet sich ganz 
nach dem Vorschläge von Baumgart, insofern einfach vom 0°-Meridian (nach „rechts“) 
und dem Äquator (nach „oben“) gezählt wird. So erkennen wir, daß der Landes 
aufnahme, die trotz ihrer alten guten Arbeitsmethoden zu stagnieren drohte, durch 
1 Vgl. M. Eckert: Kartenwissenschaft. T. 8. 112. 
2 Vgl. M. Eckert: Karten Wissenschaft. I. 8. 183ff. — II, 8. 778. 77h. 
3 Im I. Bd. der Vermessungskunde von Jordan-Eggert (Stuttgart 1916, S. 309) ist die Über 
legenheit der Gaussschen Koordinaten über die von Soldner an Beispielen nachgewiesen. 
4 M. Eckert: Kartenwissenschaft. I. 8. 184.
	        
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