Full text: Die Kartenwissenschaft (2. Band)

Die Seekartenprojektionen. 
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fassen kann. Nur das allernotwendigste sei hervorgehoben; ich möchte aber nicht 
versäumen, auf die „Formeln und Tafeln zur Berechnung von Mercatornetzen“, die 
für die deutschen Admiralitätskarten herausgegeben worden sind 1 , besonders auf 
merksam zu machen. 
Um die Art und Weise kennen zu lernen, wie sich die einzelnen Forscher die 
Methode Mercators zurecht gelegt haben, ist es belanglos, ob sich die Grundmaße 
für die Länge eines Äquatorgrades auf die Originaldrucke oder auf deren Reproduktionen 
stützen, da es hier lediglich auf das Prinzip ankommt, das 
die Methode beherrscht, und die Beantwortung der Frage, 
ob Mercator hach der rekonstruierten Methode gearbeitet 
haben könnte. Von d’Avezac hatte A. Breusing die Ent 
fernungen von 10° zu 10° erhalten, also 55, 57, 60, 66, 76, 
93, 127 und 215 mm, wonach die Entfernung des 80° vom 
Äquator 749 mm beträgt und die Zehngradentfernung auf dem 
Äquator 54 mm mißt. Höchstwahrscheinlich waren die Werte 
der Jomardschen Kopie entnommen. Im Vergleich zu den er- 
rechneten Werten sind sie als angenähert zu bezeichnen, wes 
halb Breusing annahm, daß Mercator ein graphisches Ver 
fahren und kein mathematisches angewandt habe. Breusing 
hat nebenstehendes Bild 7 konstruiert. Dem Quadranten gab 
er als Radius das Linearmaß von 5 Äquatorialminuten der 
Mercatorischen Karte und die Sekanten zog er in den Winkeln 
von 272°, 7 1 /2°, 1272° usf. In der Methode Mercators, bei 
trapezförmigen Netzen seiner Atlaskarten zwei Parallele in 
gleicher Entfernung vom Rande abweichungstreu zu teilen 1 2 , 
daß der mittelste Breitenkreis in seinen Abweitungen gleich 
sam als gemittelt erscheint, sah Breusing einen Wink, die 
wachsenden Entfernungen von 10°, 20° usw. als gemittelte zu 
gewinnen aus den Sekanten 27 2 ° + 77 2 °, 77 2 0 + 127 2 0 usw., 
also 5 0 = 0 + 27 2 °, 10° = 77 2 0 + 127 2 ° usf. Die Entfernung 
von 50—60° = 527 2 ° + 577 2 0 = 95 mm; berechnet ist der 
Wert = 94,8 mm, Mercator hat 93 mm. Mithin läßt es sich 
mit dem graphischen Verfahren Breusings ganz gut hantieren, 
und man begreift nicht, warum J. Müller-Reinhard zu der 
Ansicht kommt, daß Breusings Hypothese dem Scharfsinn des 
verdienten Mercatorforschers alle Ehre mache 3 , aber doch einer 
einfachen Lösung nicht nahe genug zu liegen scheint. Ob sich 
Mercator einer Art Breusingscher Konstruktionsmethode bedient hat, läßt sich nicht 
feststellen. Noch fehlt uns der sichere Nachweis, ob zu jenen Zeiten bereits 
Sekantentafeln existierten. Unmöglich ist es nicht, wie wir später noch sehen 
werden. 
J. Müller-Reinhard hält außerordentlich viel von der Annäherungsformel, die 
1 Formeln u. Tafeln zur Berechnung von Mercatorkarten f. d. deutschen Admiralitäts 
karten. Hg. vom Reichsmarineamt, Nautische Abteilung. Berlin 1904. 
2 Vgl. M. Eckert: Die Kartenwissenschaft, I, S. 141. 
3 Averdunk u. Müller-Reinhard, a. a. O., S. 133.
	        
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