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Allgemeine Arithmetik.
welche später von gewissen Buchstaben des gemeinen Alphabets nicht mehr unterschie
den wurden; vier und neun Einer wurden durch Eins vor fünf und zehn dargestellt
u. s. w.
Diese Schreibarten sind seit dem 12ten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung
durch die von den Arabern verbreitete indische Erfindung verdrängt, nach welcher die
Einer durch besondere Zeichen, die Zehner durch ihren Ort zur Linken der Einer, die
Hunderte, Tausende u. s. w. durch ihren Ort zur Linken der Zehner, Hunderte u. s. w.
unter Einführung des zehnten Zahlzeichens 0 angegeben werden. Die Zahlwörter
Million, Billion, . . , Milliarde (tausend Millionen) sind neuere Bildungen. Das
Wort Million bedeutete im löten Jahrh, in der vulgären Sprache eine Geldsumme;
als abstractes Zahlwort hat es erst im 18ten Jahrh, in die Rechenbücher allgemeinen
Eingang gefunden. Milliarde und Billion kommen in französischen Büchern des löten
Jahrh. vor. Vergl. die Aufsätze des Vers. in den Leipz. Berichten 1865 und Im
neuen Reich 1871 p. 617.
3. Die Zahlen und ihre Verbindungen sind Gegenstand der Arith
metik. Eine Zahlenverbindung ausführen (operiren) heißt rechnen.
Zur Bezeichnung der auszuführenden Zahlenverbindungen sind bestimmte
Rechnungszeichen eingeführt. Zahlen im Allgemeinen, d. h. von un
bestimmt viel Einheiten, werden durch verschiedene Buchstaben (große,
kleine, nummerirte) bezeichnet, z. B.
A
B
C
a
b
C
a
ß
7
«'
«"
«"'
«(*)
a i
«2
« 3
ö n
«H
«12
«, 3
«1 n
«21
ct 22
ct 23
U 2n
Daher nennt man die allgemeine Arithmetik auch Buchstabenrech
nung (arithm. speciosa, universalis), im Gegensatz zur gemeinen Rechen
kunst (logistica, arithm. numerosa), welche von jener eine Anwendung
ist. Unter höherer Arithmetik (Zahlenlehre, theorie des nombres) ver
steht man die Lehre von den Eigenschaften der ganzen Zahlen und ganz
zahligen Formen.
Bei Euclides werden allgemeine Zahlen durch Strecken bezeichnet, und Zah
lenverbindungen durchConstructionen erläutert. Diophantus (inderzweitenHälfte
des 4ten Jahrh. n. Chr.) gebraucht die Anfangsbuchstaben unbestimmter Größen als
Zahlzeichen, welche gegen den Ansang des Mittelalters numeri cossici (cossa, cosa,
chose), später species genannt wurden. Deutlichere Anfänge der Buchstabenrechnung
finden sich nach Einführung des indischen Algorithmus (Gem. Arithm. §. 14) bei Re-
giomontan 1460 (algorithmus demonstratus. Nürnberg 1534. Vergl. Chasles
aperpu hist. p. 621 der deutschen Hebers.), und Stifel (arithm. integra 1544 fol.
252), in größerer Ausdehnung bei Vieta in der zweiten Hälfte des löten Jahrh.
4. Die Sätze der mathematischen Wissenschaften sind entweder De
finitionen, oder Theoreme, oder Axiome.. Die Definition (ogig-
,u6g, Erklärung) dient zur Verständigung über einen zusammengesetzten
Begriff. Ein Theorem (öscoQrj/Aa, Lehrsatz, Satz, propositio) knüpft an
eine Voraussetzung (vno-deoic) eine Behauptung (Aru/x). Axiom (ajgiio/Aa
Grundsatz, Hypothese) ist eine Behauptung, deren Anerkennung durch die