1. Kurzer Abriß der Geschichte des Vermessungswesens. 5
nach Erastosthenes hat der Alexandrier Posidonius, ein Zeitgenosse Ciceros,
nach der auf 5000 Stadien geschätzten Entfernung Rhodos—Alexandrien den
Erdumfang auf 180000 Stadien und danach den Erdquadranten auf 8333100 m
berechnet. Das Mittel aus beiden Ableitungen kommt mit 9953425 m, d. h.
auf %%, der Wirklichkeit nahe. Die Posidonius’sche Messung wurde von
Ptolemäus in seine Arbeiten als die richtigere übernommen.
Claudius Ptolemäus ist der Schöpfer der wissenschaftlichen
Kartographie.
Von den Milesiern Anaximander, Hekatäus und Aristagoras, die für die
ersten Kartographen Griechenlands galten und gleich Homer die Erde als
kreisrunde Scheibe ansahen, an deren Peripherie der Ozean das inselförmige
Festland umfloß, über den Theoretiker Aristoteles und den Grammatiker
Krates von Mallos, den Schöpfer des ersten Erdglobus, hinweg gelangte die
griechische Kartographie nicht zum wenigsten durch die Werke und Messungen
des Eratosthenes, vornehmlich aber durch Claudius Ptolemäus zu jener Voll
endung, die in der Methodik auch heute noch nicht übertroffen, wohl aber
wesentlich vertieft worden ist.
Schon Marinus von Tyrus hatte im ersten Jahrhundert n. Chr. Geburt
die Bestimmung von Orten nach Ränge und Breite angewandt, die aber
wohl auch auf Eratosthenes zurückzuführen ist und schon von Strabo (68 v.
bis 24 n. Chr.) benutzt worden sein soll. Während aber Marinus, wahrschein
lich durch Strabo beeinflußt, den Anhänger der homerischen Scheibentheorie,
zuerst ein einfaches Netz aus gleichen Quadraten von 5 zu 5° Seitenlänge her
stellte, so die „quadratische Plattkarte" schuf und erst später den störenden
Fehler der quadratischen Plattkarte dadurch beseitigte, daß er nicht mehr, wie
seine Vorgänger, den als Projektionsebene dienenden Zylinder die Erdkugel
im Äquator berühren, sondern im 36. Parallelkreise, dem Parallel von Rhodus,
als der Querachse der damaligen Welt, in die Kugel eindringen ließ, so daß
die Grundlinie der Prokejtionsfläche diesem Parallelkreise gleich wurde, er
kannte Ptolemäus die Ungeeignetheit dieser Projektionsmethode für größere
Teile der Erdoberfläche und schuf zu diesem Zwecke die Kegelprojek
tionen, worauf an geeigneter Stelle näher eingegangen werden wird. —
Mit dem Tode des größten Systematikers und Geographen des Altertums
Claudius Ptolemäus geriet die Geometrie und damit die mathematische Geo
graphie durch den zunehmenden Einfluß der orthodoxen christlichen Kirche
nach und nach ganz in Verfall. Was davon durch den geistlichen Stand an
das Mittelalter überliefert wurde, beschränkte sich auf das Wissen und die
technischen Fertigkeiten der römischen Agrimensoren.
Der „gromatische Kodex" der römischen Feldmesser Hyginus, Fron
tinus und Nippus und seine zahlreichen Übersetzungen und Erläuterungen,
namentlich „Die Schriften der römischen Feldmesser", herausgegeben von
F. Blume, K. Fachmann und A. Rudorff, Berlin 1848 und 1852, „Römische
Agrimensoren" von Dr. M. Cantor, Feipzig 1875, „Die römischen Grundsteuer
messungen" von Stöber, München 1877, sowie die verschiedentlichsten Aus
züge und Besprechungen davon in der „Zeitschrift für Vermessungswesen"