1. Kurzer Abriß der Geschichte des Vermessungswesens.
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Auf die Bedeutung Mercators und des Abraham Ortelius, der die
Ptolemäische Weltkarte nach den Daten des Ptolemäus wieder herstellte und
den „Typus orbis terrarum“ (1571) herausgab, wird an geeigneter Stelle näher
eingegangen werden.
Die Karte von Preußen des Caspar Hennenberger (1576), die
Karte von Sachsen des Matthias Oeder (Ende des 16. Jahrhunderts)
und Martin Hellwigs „Erste Eandcharte vom Herzogtum Schlesien“
(1561) sind wohl in der Hauptsache mehr oder weniger gute Nachahmungen
des Apian’schen Verfahrens, als selbständige Fortschritte in der wissen
schaftlichen Geometrie.
Einen großen Aufschwung bekam die letztere durch Willebrord
Snellius, der — wie Gasser nachzuweisen sucht —- auf Grund des 1533 in
Antwerpen von Gemma Frisius neu herausgegebenen „über cosmo-
graphicus“ Peter Apians (des Vaters) die Apianische Triangulierungs
methode in sich aufgenommen und wissenschaftlich vertieft hatte. Snellius
hat (vgl. Jordan, Handbuch der Vermessungskunde Bd. III) im Jahre 1615
bei Bergen-op-Zoom in Holland eine ganz kurze Basislinie (327,85 m) ge
messen, darauf aufbauend ein Dreiecksnetz von 33 Dreiecken zwischen Bergen-
op-Zoom und Alkmaar gelegt, den Meridianquadranten daraus auf 10004 km
abgeleitet und auf diese Weise die ganz neue Art geschaffen, durch genaue
Messung einer kleinen Grundlinie unabhängig von der Meridian
richtung irgendein Bogenstück auf der Erde zu bestimmen (vgl.
Gasser, Basismessungen). Damit begann die neuzeitliche Geodäsie und zu
gleich die wissenschaftliche Vertiefung des Vermessungswesens überhaupt.
Die Wirkung davon machte sich zuerst bei der Eandesaufnahme von
Württemberg durch Wilhelm Schickhardt bemerkbar (1624—1635).
Bevor darauf näher eingegangen wird, sei kurz der Stand des Ver
messungswesens vor Einführung der rechnerischen Triangulation, also um das
Jahr 1600, zusammengefaßt. Mit Ausnahme von Jakob Kübel, „Geometrey
von künstlichem Feldmessen“, Frankfurt 1616, der noch ganz nach den Behren
von Euklid, Heron, ja sogar den altägyptischen Näherungsformeln arbeitete,
aber im übrigen ein durchaus praktisches Handbuch vom Feldmegsen heraus
gegeben hatte, waren die wissenschaftlichen Pfleger des letzteren fast aus
schließlich Gelehrte (Mathematiker, Astronomen und Geistliche). Das prak
tische Feldmessen war also über die Kenntnisse und Fertigkeiten der Agrimen-
soren noch nicht hinausgegangen. Eine der bekanntesten Veröffentlichungen
jener Zeit ist die 1617 gedruckte „geometrica practica nova et aucta“
von Dr. Schwenter, einem Schüler des bayerischen Professors Johann
Praetorius in Altdorf, die zuerst den Meßtisch beschreibt. Nach Roedder,
„Zur Geschichte des Vermessungswesens Preußens“, Stuttgart 1908, waren
von den römischen (heronischen) Werkzeugen noch in Gebrauch: Gnomon.
Groma, Diopter, Diopter-Astrolabium (von Hipparch zuerst angewandt),
Winkelkreuz, Triangel (gleichseitiges Dreieck), Feldzirkel, Meßstäbe, Batten,
Seile, eingeteilte Meßketten und Wasserwage mit Nivellierlatten, wozu im 15.
und 16. Jahrhundert noch kamen: Kreuzscheibe, Bleiwage, Winkelkopf, Jakobs
stab (1436), Bussole, der Meßtisch (Mensul, 1590 von Praetorius erfunden),