1. Kurzer Abriß der Geschichte des Vermessungswesens.
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Das Verdienst, die Berechnung des Riickwärtseinschnittes schon
vor Snellius gefunden zu haben — wie früher vielfach behauptet wurde —,
kommt nach neueren Untersuchungen Schickhardt nicht zu; wohl aber hat
Ph. Apian den graphischen Rückwärtseinschnitt lange vor Snellius
häufiger angewandt. —
Wie sich der politische Schwerpunkt nach der Reformation und dem
30 jährigen Kriege immer mehr nach Norden verschob, so wuchs auch die
Pflege der Wissenschaft und namentlich die Übernahme größerer wirtschaft
licher und technischer Unternehmungen durch den Staat in dem mächtig an
wachsenden Brandenburg-Preußen, nur daß die letzteren hier infolge der
frühzeitigen Hinrichtung des stehenden Heeres naturgemäß bald in die Hände
des Militärs gerieten.
Von dem älteren Vermessungswesen Preußens war noch bis vor wenigen
Jahren so gut wie nichts bekannt. Erst neuere Forschungen, namentlich die
,,Beiträge zur Geschichte der Uandesaufnahme in Brandenburg-
Preußen unter dem Großen Kurfürsten und Friedrich III./1." vom
Geheimen Staatsarchivar Dr. Ernst Friedländer im 4. Jahrgang
(1900) des Hohenzollern-Jahrbuches und das schon genannte Werk von
Roedder, sowie eigene Studien des Verfassers dieser Zeilen im Berliner
geheimen Staatsarchiv, im Kriegskartenarchiv des Großen Generalstabes und
in älteren Werken, die gegebenenfalls an geeigneter Stelle genannt werden
sollen, haben ergeben, daß von 1600 an die genaue Eandesvermessung in
Brandenburg-Preußen mindestens ebensosehr gepflegt worden ist, wie ander
wärts, und daß diese Pflege von 1683 an diejenige in manchen anderen Staaten
überholt hat.
Der erste, mit umfangreicheren Uandesaufnahmen betraute brandenburg
preußische „Uandmesser und Ingenieur", der von Friedländer aktenmäßig
festgestellt werden konnte, war der aus Holland stammende Nicla es de
Kemp, der um 1600 nach dem Herzogtum Preußen berufen wurde, um
größere Aufnahmen zu Festungsbau-Ingenieurarbeiten auszuführen. Von
ihm sind Ansichten (Schaubilder), Grundrisse und Abrisse der Städte Pillau,
Neidenburg und Johannisburg in Ostpreußen aus dem Jahre 1602 erhalten.
Roedder hat zwar landmesserische Spuren schon in den Jahren 1300, 1400,
1447 (,,Hanus ferdemen terrimensor") und eine Vermessungsanweisung, „Geo
metria Culmensis, ein agronomischer Traktat aus der Zeit des Hochmeisters
Conrad von Jungingen" (Dr. Mendthai, Ueipzig 1886), aus den Jahren
1393—1407 ermitteln können. Auch hat Roedder zahlreiche Grenzbücher
unter dem Titel „Ostpreußische Folianten" im Königsberger Staatsarchiv vor
gefunden, die aus dem 16. Jahrhundert und von früher herstammen und die
Namen älterer ostpreußischer Uandmesser, wie Herrn. Runge, Jakob Rode,
Gallerudis usw. enthalten. Aber von allgemeinerer Bedeutung sind doch erst,
namentlich nach dem um 1600 erfolgten Erlaß der ersten brandenburgi-
schen Vermessungsanweisung für die „Ingenieurs und Uand
messer", der schon genannte Niclaes de Kemp und nach ihm Joseph
Naronski (1661—1678 mit großen Bandaufnahmen in Ostpreußen beschäftigt),
insbesondere aber Samuel de Succhodoletz geworden.