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I. Teil. Die Landesvermessung - .
Wirklichkeit auf die rechnerische und bildliche Darstellung in
der Ebene nur um unwesentlich geringe Beträge vermehrt werden.
Diese Übertragung auf die Ebene heißt „Projektion". Als ideale Pro
jektion ist also die anzusehen, die sowohl die gleichen Winkel wie die
gleichen Eängen und gleichen Elächen zeigt, die das abgebildete Ober
flächenstück auf der Erde hat. Sie ist dann winkel-, längen-und flächentreu.
Eine solche Projektion gibt es aber nicht.
Man unterscheidet schlechthin Projektionen auf die Ebene und Pro
jektionen auf abwickelbare Flächen und dementsprechend
azimutale (zenitale)
perspektivische
konventionelle
wahre
modifizierte oder unechte
wahre und
konventionelle oder
unechte
Projektionen auf die Ebene,
Kegelpro j ekti onen
Zylinderprojektionen
auf abwickelbare
Flächen.
Die Entwickelungsgeschichte der Projektionen umfaßt vier Haupt
abschnitte: Altertum und Mittelalter, die Zeit vom Ende des 15. bis ins
18. Jahrhundert, das 18. und die ersten 50 Jahre im 19. Jahrhundert, und
schließlich die Neuzeit.
Die ptolemäischen Zylinder- und Kegelprojektionen des Clau
dius Ptolemäus (120 n. Chr.) haben sich bis in die Neuzeit erhalten und
trotz der vielfachen Versuche, an ihre Stelle andere Methoden zu setzen, zu
der mathematischen Vollkommenheit entwickelt, womit sie jetzt allgemein
bekannt und angewandt sind.
Auf die ptolemäischen Grundbegriffe bauten nach den großen geographischen
Entdeckungen des 15. Jahrhunderts die deutschen Gelehrten Stab, Werner
und besonders der deutsche Reformator der Kartenentwurfslehre Gerhard
Mercator (1512—1594) auf, dessen winkeltreue Zylinderprojektion
(1569) mit dem Äquator als orientierender Grundlinie die wichtigste karto
graphische Erfindung aller Zeiten gewesen ist. Nach ihr werden heute noch
namentlich die „Kompaß-" oder „loxodromischen Karten" der See
schiffahrt angefertigt.
Da auf diese Weise einerseits die Hauptlinie des ptolemäischen Systems
aus dem Mittelländischen Meer, wo sie ursprünglich angenommen wurde, auf
den Äquator verlegt worden war, sich aber anderseits durch die Verlegung
des wissenschaftlichen Schwerpunktes nach Deutschland oder Mitteleuropa
ein Bedürfnis geltend machte, diese Hauptlinie nördlicher zu haben, so wurden
als Projektionspol für größere Kartengebiete und höhere Breiten der Nord
pol der Erde angenommen und dadurch die polständigen Kegelprojek
tionen mit stark gekrümmten Breitenparallelen erfunden. Zugleich veranlaßten
die Bestrebungen nach Darstellung der Meridiane durch Kurven die Stab-
Werner’schen (1514) und Mercator’schen (1554) flächentreuen Ent
würfe.