Full text: Einleitung, Landesvermessung, Kataster (1. Band)

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I. Teil. Die Landesvermessung'. 
kleiner Formen zn einer charakteristischen großen Form. Charakteristisch 
ist das, was einen Gegenstand von seiner engeren und weiteren Umgebung 
auffällig unterscheidet. Fiegt z. B. eine Ortschaft auf einer großen Strominsel 
in ganz besonders auffälligen Krümmungen der sie umströmenden Flußläufe, 
so ist nicht bloß die Insel als solche, sondern auch diese auffällige Stelle der 
Flußläufe — selbst wenn sie maßstäblich kaum erkennbar wäre — so deutlich 
hervorzuheben, daß man sie auf einen Blick zu finden vermag. Dafür ist alles 
nebensächliche als überflüssig wegzulassen, d. h. das Bild zu generalisieren. 
Das wiederholt sich überall: bei den Grundrissen der großen Städte und 
Ortschaften, den Küsten und Seeufern und namentlich auch beim Gelände. 
Die wissenschaftliche Behandlung der Geländedarstellung ist 
immer noch ein Schmerzenskind der Kartographie und ein dankbares Feld 
für erschöpfende Neuerungen auf diesem Gebiete. Man hat bisher nur ein 
einziges, streng wissenschaftliches Mittel finden können, die dritte Dimension 
der Wirklichkeit, hoch und tief, in der Zeichenebene darzustellen, nämlich 
die Schichtlinien (Horizontalkurven oder Isohypsen). Sie sind aber nur für 
den geschulten Fachmann geeignet, das Gelände überall schnell und sicher 
erkennen zu können, und zwar auch nur dann, wenn sie nahe genug bei 
einander liegen, um in ihrer Gesamtheit dem Kartenbilde das zu geben, was 
die Örtlichkeit dem Auge einprägt, das Plastische. Rücken die Schicht 
linien bei großer Steilheit des Geländes so nahe aneinander, daß sie plastisch 
zu wirken anfangen, so bilden sie auch zugleich auf dem Papier Schatten 
streifen, die sich dort, wo die Schichtlinien weiter, „lichter“, die Böschungen 
also flacher werden, in Dichtstellen verwandeln. Die Höhenschichtlinien werden 
dann zur sogenannten „Horizontalschraffur“. 
Die verschiedene Dichtwirkung im Gelände hat schon unter Friedrich dem 
Großen den preußischen Major Müller auf den Befehl des Königs: „Wo Ich 
nicht hin kann, da mach’ Fr einen Klex!“ veranlaßt, die Schattenstreifen 
durch dicke schwarze und die Dichtstellen durch ganz feine Schraffur in der 
Richtung des stärksten Gefälles besonders zu kennzeichnen, woraus sich dann 
später die Dehmann’sche und die Müffling’sche Bergstrichmanier ent 
wickelt haben. Beide wollen die Böschungswinkel durch Schraffierung kenn 
zeichnen, doch wird in beiden Fällen eine unerreichbare Geschicklichkeit der 
Hand, Schärfe und Zuverlässigkeit des Auges verlangt, um alle Neigungen 
von 0 bis 90° auszudrücken. Deshalb hat Dehmann seine Skala auch nur 
zwischen 0° und 45° angelegt, und auch Müffling ist nicht wesentlich weiter 
darüber hinweggekommen. 
Die offensichtlichen Mängel dieser beiden Skalen haben schon 1852 den 
preußischen Ingenieur-Hauptmann F. Chauvin bewogen, „Die Darstellung 
der Berge in Karten und Plänen“ (Berlin, Nauck’sche Buchhandlung) durch 
Schichtlinien und verschieden starke Schummerung (Tuschver 
waschung) zu versuchen, während in Österreich der K. K. Feldzeugmeister 
Franz Ritter von Hauslab einen großen Teil seiner kartographischen 
Tätigkeit darauf verwandte, ein allgemein befriedigendes Schichtlinien 
system mit farbiger Höhenplastik zu finden. Nicht minder verdient hat 
sich auch in den sechziger Jahren der bekannte Geograph Emil v. Sydow,
	        
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