A. Die Katasterneumessungf.
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rufen, namentlich Kurhessen durch das „Ausschreiben des Finanzministeriums"
vom 12. April 1833 und Oldenburg durch die im Jahre 1835 verordnete
„Fandesparzellarvermessung", deren von dem Hofrat und Obergeometer
v. Sch renk in den Jahren 1835, 1836 und 1837 ausgeführte „Triangulierung
des Herzogtums Oldenburg" (Oldenburg 1838) sich auf die Hannoversche
Gradmessung des Göttinger Mathematikers Carl Friedrich Gauß aufbaute
und ein vorzügliches, nach der Methode der kleinsten Quadrate ausgeglichenes
Dreiecksnetz I. bis III. Ordnung lieferte. Diese Triangulierung war schon
nach geodätischen, geographischen und Polarkoordinaten be
rechnet worden, auch war für jeden Punkt die Meridiankonvergenz mit dem
Schloßturm von Oldenburg als Nullpunkt und seinem Meridian als Nullmeridian
bestimmt worden.
Die Seitenlängen wurden in preußisch-rheinländischen Ruten, in olden-
burgischen Kataster-Ruten und in geographischen Meilen angegeben und die
Abrisse schon 40 Jahre früher fast genau so aufgestellt, wie seit
1876 bei der preußischen Fandesaufnahme, der also auch in dieser
Hinsicht kein Anspruch auf die geistige Urheberschaft zustehen dürfte.
Daß in Bayern, Baden und Württemberg vorzügliche, einheitlich
durchgeführte Katastertriangulierungen Vorlagen, die allerdings durch
die graphisch ausgeführte Stückvermessung mit Meßtisch nicht zur vollen
Bedeutung kamen, haben wir schon in der Einleitung ausführlicher behandelt.
Jedenfalls reichen die Erfahrungen der meisten deutschen
Katasterverwaltungen, insbesondere aber der preußischen, in der
wissenschaftlich strengen, methodisch angeordneten und ausge
glichenen Neuvermessung ganzer Fänder weit zurück und haben
sich eher zu einem festen System ausgebildet, als die topographi
schen Vermessungen des Militärs, die sich noch zu einer Zeit mit 2 bis 3
Dreieckspunkten auf einem Meßtischblatt oder mit je 1 Dreieckspunkt auf rd.
45 qkm begnügten, als das Kataster schon längst je 1 Punkt auf 1,5 qkm und
außerdem noch die vielen zahlenmäßig festgelegten Polygonpunkte verwandte.
Ist auch die genäherte Triangulierung I. O. durch die Gradmessung
und das Bedürfnis nach zuverlässigen Kriegskarten kleiner und
kleinster Maßstäbe angeregt worden, so ist doch die wissenschaftliche
Triangulierungsmethode zuerst durch das Kataster geschaffen,
auf die niederen Ordnungen übertragen und dadurch sowohl
theoretisch wie praktisch verfeinert und vervollkommnet worden.
Auch ist die Polygon- und Kleinpunktbestimmung erst durch
das Kataster ins Feben gerufen und durchgebildet worden. —
Bevor wir auf die Einzelheiten der Kleintriangulierung, Polygonisierung
und Kleinpunktbestimmung näher eingehen, wollen wir uns zunächst mit der
zu wählenden Projektion (Abbildung in der Kartenebene) näher beschäftigen,
die gerade für die Kleinmessung von besonderer Wichtigkeit ist.
Die gewöhnlich „Gauß’sche Projektion" genannte konforme Projektion
nach rechtwinklig-ebenen Koordinaten lag der alten, von dem Mathematiker
C. F. Gauß ausgeführten Fandesvermessung des früheren Königreichs Han
nover zugrunde und wurde außerdem später zuerst von der Preußischen