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II. Teil. Das Kataster.
Triangulieren kann leicht zur Schablone werden und wird es überall dort,
wo es massenhaft betrieben werden muß. Bei dem folgerechten Absteigen
aus der höheren in die nächst niedere Ordnung läßt sich die ganze Arbeit in
ein Schema einpassen, das von selbst -— wie bei den Massentriangulierungen
großer Bandesaufnahmen — zu einer Art „Punktindustrie“ führt.
Polygonisieren ist schon schwieriger, weil hier die begrenzte Örtlichkeit
einer einzelnen Gemarkung mit allen ihren charakteristischen Eigenschaften
zu ihrem Rechte kommen will, wobei es ganz nebensächlich ist, wie das einzelne
Gemarkungspolygonnetz mit dem Bilde eines größeren, etwa eines Kreis
polygonnetzes, zusammenpaßt, wenn es nur seinen Zweck erfüllt und die Fehler
grenzen innehält. Die Hauptsache beim Polygonisieren ist und bleibt, daß
Punkte und Seiten möglichst vorteilhaft für die Stückvermessung liegen.
Die Stückvermessung aber muß sozusagen ganz in die Örtlich
keit aufgehen. Je inniger sie sich den gegebenen Verhältnissen
anpaßt, um so besser werden ihre Ergebnisse sein.
Will man also das Einiennetz der Stückvermessung so vorteilhaft wie
möglich legen, so muß man sich gerade wie bei der Topographie vorher über
legen, was das Wichtigste der Örtlichkeit und welchem Teile davon die größte
Sorgfalt beizumessen ist. Bei der Topographie war es das Gerippe des Ge
ländes: Rücken-, Mulden- und Hanglinien und das Fluß- und Wegenetz, bei
der Katasterstückvermessung ist es das, was dem Kataster das Wichtigste
ist, das Grundeigentum.
Nun ist ja an sich das Grundeigentum kein Teil der Örtlichkeit, sondern
wird es erst, wenn es deutlich erkennbar und für alle Beteiligten gleich ein
wandfrei örtlich festgelegt und vermarkt ist.
Daher ist bei jeder Neuvermessung, welche die Aufgabe hat, das Kataster
zu berichtigen oder zu erneuern, in allererster Einie —- am besten schon vor
der Polygonisierung, wenn hauptsächlich krumme Wege, Straßen und Gefließe
vorhanden sind ■—- auf eine sorgfältige Feststellung und dauerhafte
Vermarkung der Grundeigentumsgrenzen und ihre schriftliche,
rechstverbindliche Anerkennung durch alle Beteiligten das größte
Gewicht zu legen.
a) Die Grenzfeststellung.
Ohne sich einer Übertreibung schuldig zu machen, kann man — wenigstens
in Preußen — die Grenzfeststellungen als ein Sorgenkind des praktischen
Vermessungsingenieurs und zugleich als den Prüfstein für seine Umsicht und
sein richtiges „Gefühl“ hinstellen. Man versteht unter „Grenzfeststellung“
gemeiniglich das Aufsuchen, Vergleichen, den verschiedenen Anforderungen
Anpassen und Vermarken der richtigen Eigentumsgrenzen in der Örtlich
keit, d. h. derjenigen Einien, die entweder durch gemeinsames Einverständnis
oder auf Grund urkundlicher Unterlagen als die richtigen Trennlinien des
Grund und Bodens verschiedener Eigentümer, als die zugleich örtlichen wie
buchmäßigen Scheiden von „Mein und Dein“ nachgewiesen werden können.
Mit dem rechtlichen Begriffe der „Eigentumsgrenzen“ hat sich schon seit jeher
die Gesetzgebung eingehend befaßt und z. B. im preußischen Eandrechte auch