Full text: Einleitung, Landesvermessung, Kataster (1. Band)

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Einleitung. 
an dem Vermessungswesen rein wissenschaftlich, was technisch und was ge 
werbsmäßig anzufassen sei. 
Um die Aufgabe des vorliegenden Werkes von vornherein richtig zu über 
sehen, ist es nötig, diese Unterscheidung klarzumachen. 
a) Die Wissenschaft (Geodäsie). 
Wie wenig die eigentliche alltägliche „Feldmeßkunst" oder die landläufig 
bekannte Fertigkeit, einzelne Grundstücke aufzunehmen, zu teilen und zu be 
grenzen, dazu beigetragen hat, die praktische Geometrie zu einer mit so außer 
ordentlich vollkommenen Hilfsmitteln und verfeinerten Techniken arbeitenden 
Wissenschaft auszugestalten, wie sie die moderne Geodäsie umfaßt, das hat uns 
die Geschichte an den römischen Agrimensoren und an den Geometern des 
Mittelalters gezeigt. Sie haben sich durch zwei Jahrtausende hindurch mit den 
elementaren Hilfsmitteln Herons behelfen können. Ein wissenschaftlicher Zug 
ist erst durch das humanistische Wiederaufleben der klassischen Kosmologie, 
durch das Streben nach sozial gerechten Steuern und durch die aus dem 
Studium des Aristoteles und des ptolemäischen Almagest gewonnene An 
regung in die Sache hineingekommen, die Anregung, von neuem die Mysterien 
des Weltalls zu erforschen und damit bei der Erde selbst anzufangen. 
In erster Einie der Gradmessung und in zweiter Einie der Grundsteuer 
gesetzgebung verdankt die Geodäsie im wesentlichen ihre Ausgestaltung 
zur Wissenschaft und die Übertragung bewährter Eehren und Fertigkeiten 
daraus auf die technische Praxis der gewöhnlichen Feldmeßkunst. 
Man kann deshalb auch heute noch allen Ernstes von der Eandmeßkunde 
als Wissenschaft nur dann reden, wenn man darunter die Vermessung ganzer 
Eänder und Erdteile versteht, oder wenn man diejenigen Studienarbeiten 
im Auge behält, die allein darauf gerichtet sind, dem Ausbau der geometri 
schen Eehren und der Verfeinerung geometrischer Instrumente und Hilfs 
mittel zu dienen, also Selbstzweck ohne wirtschaftlichen Nebenzweck zu sein. 
Die geodätische Wissenschaft als Selbstzweck beschäftigt sich vornehm 
lich mit folgenden Arbeiten: Maßvergleichungen, Bestimmung von Instrumenten 
konstanten, Pendelmessungen, Beobachtung des Einflusses von Temperatur 
und Witterung auf Instrumente und Meßapparate, astronomisch-geodätische 
Beobachtungen, Zeitvergleichungen, Schwere- und Dichtigkeitsbestimmungen, 
Versuchsmessungen auf Grundlinien, Beobachtung von Bodenveränderungen 
und deren Einfluß auf geodätische Festpunkte, hydrostatische Höhenver 
gleichungen, Basismessungen, Triangulationen geodätischer und astronomischer 
Art, Verwertung dieser und der Triangulationsergebnisse der Eandesvermessungen 
für die Gradmessung und mit vielen ähnlichen Arbeiten. 
Mittel zum Zweck und damit das Bindeglied mit der Technik wird die geo 
dätische Wissenschaft schon in der Eandesvermessung. Hier wird nicht mehr 
die Geodäsie ihrer selbst wegen betrieben, sondern um sowohl für das wirtschaft 
liche Vermessungswesen oder die Vermessungstechnik als auch für die Grad 
messung und damit für die mathematische und die beschreibende Geographie 
gleichwertige E T nterlagen und Stützpunkte zu schaffen. Dadurch, daß diese
	        
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