I. Teil.
Die Landesvermessung.
Um einen Punkt auf einer Karte oder auf dem Globus bestimmen zu können,
muß man seine geographische Breite und Gänge oder seine geographi
schen Koordinaten wissen und kartieren.
Beide sind sphärische Begriffe, d. h. sie sind auf die Erde — genauer
auf den scheinbaren Himmelsraum -— als ideale Kugel bezogen. Die sphä-
roidische Gestalt der Erde als Rotationsellipsoid bedingt aber, daß die Lot
linie eines Punktes der Erdoberfläche nicht durch den Erdmittelpunkt geht,
sondern einen Winkel mit der Äquatorebene bildet, der gleich der geographi
schen Breite (9) ist, während die Mittelpunktslinie eines Erdoberflächenpunktes
mit der Äquatorebene den Winkel 9' oder die geozentrische Breite bildet.
Man nennt Breite und Ränge das Koordinatensystem der Erde.
Die Linien gleicher geographischer Breite oder gleicher Polhöhe sind Parallel
kreise zum Erdäquator oder begrenzen Parallelflächen zur Äquatorebene,
welche die größte auf der Erdachse senkrecht stehende Erdkreisfläche und
ihre Verlängerung bis zur scheinbaren Himmelskugel ist. Vom Äquator nach
Norden zählen die Parallelkreise oder Breitengrade von 0 bis 90° positiv,
nach Süden von 0 bis 90° negativ oder werden kurz als Breite N und Breite S
bezeichnet.
Wird der Äquator in 360 gleiche Teile oder Grade (°) zerlegt, durch die
Ebenen gelegt werden, die auch zugleich durch die Erdachse und die Pole
gehen, so bilden die Schnittkurven dieser Meridianebenen mit der idealen
Kugel die Meridiane oder die Linien gleichzeitiger Kulmination
eines Sternes, die immer um einen Längengrad oder vier Zeit
minuten voneinander entfernt sind. Ausgangspunkt für die Zählung der
Längengrade könnte jeder beliebige Punkt auf der Erde sein; man nimmt
aber gewöhnlich den Meridian der Sternwarte von Greenwich als Null
meridian an und zählt von 0 bis 180° östlich und von 0 bis 180° westlich
von Greenwich. Die deutschen Generalstabskarten sind noch auf Eerro
bezogen, wobei die Sternwarte von Paris mit 20° östlich von Eerro angenommen
worden ist, enthalten aber seit 1920 auch die Angaben nach Greenwich.
Die Ergebnisse einer Landesvermessung können also nur dann für eine
geographische Karte verwertet werden, wenn es möglich ist, sie in geo
graphischen Koordinaten auszudrücken. Dazu muß man wenigstens einen
Punkt der Landesaufnahme durch unmittelbare Messung geographisch be
stimmen und den Winkel wenigstens einer Dreieckseite mit dem Meridian
eines ihrer Endpunkte ermitteln. Dieser Winkel heißt das Azimut der Seite.
Der Ausgangspunkt für die Koordinatenberechnung der preußischen Landes
aufnahme ist ein Punkt, der auf dem Schnittpunkt des Parallelkreises 52° 40' N mit
dem Meridian 31 0 östlich von Ferro (ö. v. F.) bei Berlin liegt. Zum Azimutanschluß