derten sowohl architektonisch, wie um der merkwürdigen ottoni-
schen Wandmalerei willen einer späteren Zeit zuzurechnen ist,
bleibt das wichtigste und am besten erhaltene Baudenkmal der Zeit
die Palastkapelle in Aachen, die Karl der Große sich selbst als
Grabstätte gebaut hat. In diesem Falle wird auch der Name eines
Baumeisters genannt: Odo von Metz. Er wird als „Magister‘‘ be-
zeichnet. Mehr als den Namen wissen wir von dem Baumeister frei-
lich nicht. Auch er muß dem engeren Kreise des Kaisers, das heißt
der dünnen Oberschicht der Gebildeten und Führenden angehört
haben, sonst wäre ihm ein so ehrenvoller Auftrag nicht zugeteilt
worden. Der Gesamteindruck des Baues zeugt von einem erstaun-
lichen Können und von einem künstlerisch und technisch gleich
bedeutenden Talent. Die Massen sind prachtvoll gegliedert und
von einem melodischen Leben der Verhältnisse erfüllt. Die Ka-
pelle ist ein Zentralbau; sie läßt an ravennatische Vorbilder denken,
ihre Säulen, Kapitelle und Emporengitter sind sogar fertig aus Ra-
venna übernommen worden*. Wände und Kuppel werden von acht
durch Bogen verbundenen Pfeilern getragen, der Umgang ist von
einer sechzehnseitigen Mauer abgeschlossen. Emporen für den Hof-
staat mit dreigeteilten Bogenöffnungen machen die Masse in der
Höhe leicht und licht. Als dieser Bau im Vollklang seiner schönen,
starken Verhältnisse, in der Pracht seiner Mosaiken, in der Fülle
seines Schmuckes fertig dastand, beherrscht durch ein monumen-
tales Erzbild vor dem Eingang, das für ein Denkmal Theoderichs
des Großen gehalten wurde, muß er im deutschen Norden wie ein
Wunder gewirkt haben.
Von den vielen Palastbauten der Zeit, deren Vorbild scheinbar
das römische Castrum gewesen ist, blieb wenig erhalten. In Aachen
* Aus einem Brief Papst Hadrians an Karl den Großen:
„Eurer königlichen Macht Brief .... haben wir erhalten. Es steht darin,
daß wir Euch aus dem Palaste von Ravenna Mosaiken, Marmor und sonstige
Muster vom Boden und den Wänden überlassen sollen. Bereitwilligen Sinnes
and reinen Herzens willfahren wir in übergroßer Liebe diesem Wunsche Eurer
Erhabenheit und gestatten Euch, Marmor, Mosaiken und sonstige Muster aus
diesem Palast wegzuführen. ...‘“ (Aus „Johannes Bühler: Das Frankenreich‘‘.
Im Insel-Verlag).